wicklung umfaßt und beherrscht die gesamte Ge¬
schichte des abendländischen Denkens, also auch die
Geschichte der Philosophie. Somit schränkt sich das
Recht jener Behauptung in nicht geringem Umfange
ein. Von einer Krise, die den Idealismus durch die
Angriffe des Realismus betroffen habe, kann nur in
folgendem Sinne die Rede sein: Innerhalb des unend¬
lichen Ausbaus des dialektischen Idealismus, wie er
von Platon geschaffen worden ist, muß auch dieje¬
nige Tendenz einmal stärker zur Geltung gelangen,
die sich von der Innerlichkeit des Geistes mehr ab-
und der Sachwelt mehr zuwendet. Damit aber wird
die idealistische Richtung weniger in Frage ge stellt
als vielmehr in ihrer Universalität bestätigt. Das heißt:
Jene Krise ist ein Moment der Selbstförderung in der
Verwirklichung der platonischen Dialektik. Denn
zum Wesen der Dialektik gehört beides: die Idealität
des Denkens und die Beziehung auf die Realität; die
Selbaterfassung der Vernunft und die Erfassung der
Erscheinungswelt innerhalb des Prozesses der Selbst¬
verwirklichung des Logos.
So ist der Realismus eine Seite an der Dialektik
des Idealismus. Und der tiefste und fruchtbarste Sinn
der gegenwärtigen Wendung wäre dann insofern eine
Krise des Idealismus, als in dieser Krise die Forderung
der Erneuerung des Idealismus in seiner platonisch¬
dialektischen Ur- und Vollgestalt laut würde. Auf
diese Weise würden wir nicht die mehr negative, mehr
zur Verneinung führende Tendenz in der Kraft der
Krise gewahren, sondern mehr ihre aufbauende, ihre
schöpferische, ihre bejahende Funktion. Alsdann
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