Seins bezeichnet werden. Dann zeigt sie sich auch als
Morphologie von jener Tendenz zum Realismus und
von der Abhängigkeit vom Sein erfüllt. Denn sie
sucht die wirklichen, nicht die aufgegebenen, nicht die
„ideell seienden'“ Gestalten zu entdecken, nicht jene
Gestalten, an die Plato in seiner Ideenlehre denkt.
Auch als Morphologie ist die Phänomenologie eine
Scinslehre, jedoch kein Platonismus. Sie hat vielmehr
die platonische Idee der Gestalt aus ihrer dialekti¬
schen Freiheit hereingezogen in die erfahrungsmäßige
Wirklichkeit, damit dem Vorbilde des größten Rea¬
listen, des größten Seinslehrers folgend, dem Vorbitde
des Aristoteles, ln Aristoteles besitzt die Wendung
zur Phänomenologie ihren geschichtlichen und syste¬
matischen Ursprung. Dann aber bedeutet die Wen¬
dung zur Phänomenologie zugleich die Wendung zur
Philosophie des Stagiriten. Diese Beziehung wird
hauptsächlich durch Franz Brentano vermittelt, einen
der treuesten, wenngleich selbständigen Schüler des
Aristoteles (vgl. S. 57 ff,).
e) Zugleich offenbart sich darin die Einseitig¬
keit dieser Wendung. Sie kann nicht die Geltung be¬
anspruchen, eine Erneuerung der Philosophie aus der
ganzen Fülle der Idee der Philosophie heraus zu sein.
Diese Idee ist der Totalität ihres Sinnes nach in den
allgemeinsten Umrissen verkörpert in der Dialektik
Platos, der umfassendsten und freiesten, weil ganz auf
dem Schöpfertum des Logos gegründeten Form des
Philosophierens. Deshalb besitzen wir auch an der
Dialektik Platos den Maßstab für die Bestimmung
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