Sache nicht entsprechenden Konstruktionsapparat
arbeite. Sie suche, geleitet von dem in diesem Falle
irreführenden Vorbild der exakten Untersuchungs¬
weise, apriori nach „Gesetzen“ des seelischen Ablaufs.
Als wenn solche Gesetze, solche Assoziationen, solche
Bindungen das Wesentliche an dem Seelenleben wa¬
ren und nicht dieses selbst in seiner Fülle, in seinen
tatsächlichen Inhaltlichkeiten. Die Einstellung auf
Gesetze, ganz gleich wie diese beschaffen sein mögen,
bedeute im Grunde aber immer wieder die Einstel¬
lung auf eine irgendwie ideelle Einheit oder auf eine
Reihe solcher Einheiten. Wenn es sich jedoch um
eine möglichst echte Aufhellung des seelischen Le¬
bens, um einen wahrheitsgetreuen Einblick in seine
Eigenheiten handelt, was ist dann angemessener und
gebotener: Die Einstellung der Untersuchung auf die
Erkenntnis der gesetzlichen Regelungen und der re¬
gelnden Gesetzlichkeiten, die doch immer nur in ei¬
nem verallgemeinernden, also von der Sache wegfüh¬
renden Verfahren gewonnen werden können, oder der
Versuch intimen Sichhineinversetzens in ganz be¬
stimmte Vorstellungen, Willensregungen, Gefühls¬
äußerungen, also der Versuch des lebendigen und un¬
mittelbaren Innewerdens konkreter seelischer Ver¬
haltungsweisen, Lagen, Erscheinungen eben in ihrer
Individualität und in ihrer individuellen Realität?
Viel charakteristischer für das seelische Sein, seine
Eigentümlichkeiten und Werte als die allgemeinen
Gesetzlichkeiten, in die es sich vielleicht ein-
ordnen läßt, oder die es vielleicht aufzeigt, sind
die seelische Dynamik, mit der es stromartig und
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