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Das Problem der Kunst.
das Objekt sich dem Subjekt zu der Verwirklichung des Selbst-
Bewußtseins entgegensetzt. Dieses Selbst-Bewußtsein ist nicht im
unmittelbaren Subjekt, das Ausgangspunkt des Prozesses der Wirk¬
lichkeit, aber noch nicht Wirklichkeit in der Verwirklichung ist. In
sie tritt das Subjekt auf einmal mit dem Objekt ein als ein Punkt,
der zu einem entgegengesetzten Punkt in Wechselbeziehung steht,
welch letzterer sich im Innern der Beziehung befindet, in der er sich
verwirklicht. So verwirklicht das Subjekt das Bewußtsein von sich,
außerhalb dessen es nichts ist, mittels des Bewußtseins vom Objekt.
Je mehr es sich objektiviert, um so mehr ist es das Subjekt, das
es sein kann. Und je mehr das Wissen wächst, um so mehr dehnt
sich die Tätigkeitssphäre eines Menschen aus, um so mehr bereichert
er sich und erweitert seine Möglichkeit. Hierfür ist, wohlgemerkt,
Voraussetzung, daß er sich nicht in einer unorganischen Vielheit
von Erkenntnissen und in einer zusammenhängenden Menge prak¬
tischer Aktivität zerstreut und verliert, sondern daß er immer von
den Dingen zu sich selbst zurückkehrt und es sich vor allem
angelegen sein läßt, die starke Einheit seiner Grundsätze und seines
Charakters zu kräftigen.
Sich objektivieren ist das Mittel der tatsächlichen Verwirk¬
lichung des Subjekts, das zum Bewußtsein von sich kommt; sich
selbst begrenzen ist die einzige Art des Sieh-Verunendlichens. Nicht
weil das Unendliche von der Grenze ausginge, sondern weil sich das
wirkliche, das wahrhaft Unendliche mittels der Grenze von der
falschen Unendlichkeit befreit, die eine angenommene, aber nicht
bewiesene Unendlichkeit ist. Diese Unendlichkeit kann man falsch
nennen, insoweit sie noch nicht dem ganzen und vollkommenen
Wesen des geistigen Aktes entspricht, der allein unendlich ist.
Wer nicht genug über den Akt des Gedankens nachgedacht hat,
dem konnte es scheinen, daß in dem hier beschriebenen Schema
zwar die Erklärung für eine, aber nicht die Erklärung für die
Grenze gegeben ist; sei die Grenze einmal überwunden, die das
Subjekt sich selbst errichte, um es selbst, d. h. Selbst-Bewußtsein,
zu sein, so sei das Unendliche schon gegeben, ohne die Möglichkeit,
sich weiter zu begrenzen oder zu einer ferneren Unendlichkeit vor¬
zuschreiten. Wer sich bei diesem Anschein aufhielte, würde nicht
auf die sinnlose Folgerung Achtung geben, daß in dieser Weise
der Akt sich in ein Faktum verwandelt und daß der Geist sich daher
veräußerlicht und in einem materiellen Dasein fixiert habe. Das
aber ist unmöglich; denn der Akt des Selbst-Bewußtseins besteht
eben in der Entmaterialisierung all dessen, was sich an Materiellem