Das empirische Problem.
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oder Blickpunkte eines einzigen Faktums darstellen: des Geistes,
der selbst ein Faktum ist. Und wie man in der Ästhetik jenen
Blickpunkt beschreibt, für den der Geist sich uns als Kunst
darstellt, so beschreibt man allmählich alles: und wenn die Be¬
schreibung zu Ende ist, kann man sagen: „Seht da, das hier ist
in nuce der Kosmos.“ Er ist nicht Natur, d. h. nichts Materielles,
denn außerhalb dieses Faktums sieht man nichts, wohin immer
man blickt, das können wir zugeben. Aber wer kann sagen: das ist
der Kosmos? Schweigen auch hier, keine Antwort; denn dafür be¬
dürfte es von Anfang an so etwas wie einer Theorie des immanenten
Bewußtseins oder wie der Hegelschen Begriffslogik. Wehe, theo-
logisierende Philosophie! Höchstens wird man sagen, daß es, wie
es ein bereits gesehenes Faktum gibt, auch das Faktum des Sehens
gibt, und dies löst sich in dem gesehenen Faktum auf, weil es auch
seinen Namen hat, ein „vorgesehener Fall“, caso contemplato, wie
Dr. Azzeccagarbugli4 5“) gesagt hätte, und daher seine Unterkunft
in einer der vier Formen des Geistes findet. Dort faßt es Fuß als
Besonderes in seinem Allgemeinen, als Beispiel im Begriff, nicht
als Begriff selbst (Selbst-Begriff), d. h. als das Allgemeine in
eigener Person; denn immer gibt es das einzelne Faktum und
das Allgemeine, das ebenso ein Faktum ist (das Gesetz der „wissen¬
schaftlichen Philosophie“). Und alles ist Faktum, wie die alten
Positivisten in ihrer empiristischen Mentalität gutgläubig sagten,
die dieser naiv-elementare und dogmatische Idealismus sich in
bewundernswürdiger Unschuld aneignet und mit einem uner¬
schrockenen Geist der Übertreibung und intellektualistischer Folge¬
richtigkeit stärkt.)
Der Verfasser dieser Pseudophilosophie hat bestimmt einen
guten Blick und ein scharfes Auge. Und daher hat er durchaus
glücklich die Wahrheit unter verschiedenen Gesichtspunkten ge¬
sehen, die wie Entdeckungen betrachtet wurden und die Popularität
und den Erfolg seinerÄsthetik erklären. Es wird zweckmäßig sein, im
Verlauf dieser Untersuchungen zu seiner Zeit die Aufmerksamkeit
darauf zu lenken. Aber Denken ist nicht Sehen, und ist Sehen nicht
auch seinerseits ein, wenn auch rudimentäres und zufälliges,
Denken, der Richtung und logischen Kraft entbehrend? So kommt
es, daß man sieht, was man sehen kann, nicht was man sehen muß,
und man arbeitet auf einer unsicheren und wenig festen Grundlage,
4“) Figur aus Manzonis „Premessi sposi“ (Anm. d. Übers.).
5) Man vergleiche in der „Filosofia della pratica“ den Versuch der Ablei¬
tung der verschiedenen geistigen Formen.