Full text: Philosophie der Kunst

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Das Problem der Kunst. 
mit welcher Erkenntnistheorie wollt ihr sie erklären, wenn jede 
derartige Theorie doch nach dieser theologisierenden Philosophie 
schmeckt? Und wenn Transzendenz und Immanenz nicht zwei 
„Unterschiedene“, wie ihr behauptet, sondern zwei authentische 
„Entgegengesetzte“ sind, ein Ja und ein Nein, gebt ihr dann nicht 
auch selbst zu, daß die Wahrheit nicht im Ja noch im Nein, sondern 
in der Synthese liegt? Und dann? Weshalb dieser höhnende Ton 
gegen die theologisierende Philosophie?4) 
Besser und richtiger erscheint es, genau zu sagen, wie die Dinge 
stehen. Der Empirist läßt eine Erkenntnistheorie, d. h. eine Logik, 
nicht zu, weil unter dem Gesichtspunkt der Logik der Gedanke der 
sogenannten Wirklichkeit ihr Gesetz vorschreibt. Umgekehrt will 
der Standpunkt des Empirismus uns denken machen, die sogenannte 
Wirklichkeit (eine unmittelbare Wirklichkeit, die wir erfassen, 
weil sie sich dem Geist präsentiert, aber nicht von diesem kon¬ 
struiert wird) diktiere ihr Gesetz dem Gedanken. Dieser öffnet 
die Augen, schaut um sich und sieht etwas zwischen Hell und 
Dunkel. Was sieht er? Er sieht z. B. die einzelnen Gegenstände 
und weiß sie daher als einzelne Gegenstände zu erkennen, ohne 
Allgemeinheit, ohne Beziehungen untereinander. Und was tut er 
dann? Was kann er tun, der arme, leere, jeder Logik, jeder Ver¬ 
nunft, die ihn das Gebäude der Wahrheit begreifen lassen könnte, 
entbehrende Gedanke — was kann er anderes tun als sagen, was 
er sieht? So sieht er, daß es Kunstwerke gibt, und er sagt, wie man 
schon gehört haben dürfte: das ist ein künstlerisches Faktum! 
Aber von welcher Seite aus muß man sich umschauen, um das 
Faktum zu sehen? — Keine Antwort; denn man kann nicht ant¬ 
worten: „Von der Seite des intuitiven Erkennens aus“; hat sich 
doch das künstlerische Faktum mit der Tatsache der Intuition 
identifiziert, die deshalb kein Begriff, sondern in erster Linie 
selber auch ein Faktum ist. Und wie macht man es also, es zu 
sehen? Wohin soll man gehen, es zu suchen? 
Unnütze Fragen für den Empiristen, wir wissen es. Dieses 
Faktum gibt es, man sieht es, und das genügt. Es genügt, weil alles, 
wovon man spricht, Gegenstand des Gedankens ist, weil es da ist. 
Es gibt das Faktum der Kunst, und es gibt ein anderes der Wissen¬ 
schaft oder besser, der Philosophie. Es gibt ein drittes der Wirt¬ 
schaft und ein viertes der Moral: vier Tatsachen, die vier Seiten 
4) Immanenz und Transzendenz sind nicht ein Ja oder Nein, wofür sie 
Croce und mit ihm die orthodoxen Theologen des Katholizismus zu halten 
scheinen. Die Synthese liegt in der Immanenz.
	        
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