Full text: Philosophie der Kunst

Der menschliche Charakter der Kunst. 
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durch die alle Menschen im Grunde ein und dieselbe Menschlichkeit 
besitzen, die für ein wechselseitiges Verstehen und ein schnelles 
Sichfinden in jeder Art Arbeit und Erzeugung Voraussetzung ist. 
Der Mensch, so kann man mit einem Wort sagen, ist Künstler 
von Natur aus, und er braucht nicht außerhalb seiner selbst zu 
suchen, was man Kunst heißt. Von dem Augenblick an, da das 
Bewußtsein in ihm aufdämmert, sieht er sich sein ganzes Leben 
hindurch, in jeder Lage und Lebensweise, innerhalb dieses seines 
Bewußtseins vor das Faktum der Kunst gestellt. 
3. 
Notwendigkeit des Problems der Kunst. 
Man kann nicht sagen, daß es viele der uns stets oder bis¬ 
weilen umgebenden Dinge gibt, die wir nicht betrachteten, sorg¬ 
fältiger Beobachtung unterzögen, studierten und zum Gegenstand 
von Untersuchungen oder zu bestimmten Problemen erhöben. 
Unter diesen Dingen könnte auch die Kunst sein. 
Tatsächlich erwächst die Notwendigkeit des Problems der Kunst 
nicht nur aus der Unmöglichkeit — die an dem menschlichen Cha¬ 
rakter liegt, wie wir ihm in der Kunst begegnen —, daß der Gegen¬ 
stand dieses Problems sich dem menschlichen Geiste nicht zeigt, 
sondern die Notwendigkeit rührt aus einer anderen Unmöglichkeit 
als Folge der ersten her und ergibt sich aus dem zweiten Merkmal, 
das ich oben als für jedes philosophische oder echte Problem 
eigentümlich bezeichnet habe. Diese Unmöglichkeit besteht darin, 
daß etwas im Bewußtsein ist, was nicht Objekt des Bewußtseins 
ist. Es ist für das geistige im Unterschied zum natürlichen Leben 
eigentümlich, daß in ihm das Sein unmittelbar mit dem gewußten 
oder erkannten Sein zusammenfällt und so zum Gegenstand der 
Aufmerksamkeit, der Betrachtung, des Nachdenkens gemacht wird. 
Nichts im geistigen Leben ist unbeobachtet, nichts findet sich da 
oder dort untergebracht, um zu seiner Verwirklichung zu gelangen, 
um wie ein Samenkorn zu reifen, um wie ein lebendiger Organis¬ 
mus zu wachsen, ohne daß eben dasselbe Prinzip, das es dort sein 
oder sich in seiner Verwirklichung bewegen und reifen und wachsen 
läßt, es in das Bewußtsein und als Gegenstand der Prüfung in sich 
aufnehme. Mag diese Prüfung noch so kümmerlich und rudimentär 
und anfängerhaft sein — unmöglich ist es, daß sie fehlt; denn ihr 
Fehlen würde das Fehlen des Gegenstandes der Prüfung selbst 
bedeuten. 
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