Full text: Philosophie der Kunst

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Die Attribute der Kunst. 
abstrakte, mystische Einheit ein, unvereinbar mit der Tatsache 
aller Sprachen, in denen nie ein Element unverändert bleibt oder 
sich in absolut gleichem Sinne wiederholt. In Wahrheit ist jede 
Sprache Einheit und Vielfältigkeit zugleich, so daß man, um zu 
sprechen, sich bewegen muß: man muß von der Einheit dessen aus¬ 
gehen, der innerlich von dem Bedürfnis, sich zu äußern, erfüllt ist, 
um in sein Inneres zu schauen, dessen Aufruhr und Herausquellen 
ihn bisweilen an der Kehle zu packen und ihn am Sprechen zu hin¬ 
dern scheint. Dann gibt es Sehnsucht und Trieb, zu sagen und 
zu denken; noch aber findet sich nicht Klares, Geformtes, Bestimm¬ 
tes im Verstände vor. Man muß zur diskursiven Rede vorschreiten, 
welche die mannigfachen und zahlreichen Gedankenelemente 
durchgeht, die aus Bildern wie aus Teilen der primitiven, sinn¬ 
licher Wahrnehmung zugänglichen Einheit und also aus ebenso- 
vielen Worten bestehen: sie sind miteinander verbunden und ge¬ 
dacht wie eine einzige Rede, insoweit sie alle von der gefühls¬ 
mäßigen oder subjektiven Einheit beseelt sind, von der sie ihren 
Ausgang nahmen; denn das Subjekt begleitet diese Rede, ist in ihr 
stets gegenwärtig und aktiv, in jeder ihrer einzelnen Teile wie in 
ihrer Gesamtheit. Soviel man daher die Vielfalt der Sprache durch¬ 
geht, kehrt man im gleichen Maße ihrem inneren Gesetz zufolge 
immer zur Einheit zurück. Und wer sich diese entgehen ließe, 
würde völlig den Weg verfehlen. Das ist der Grund, aus dem man, 
will man ein Buch lesen und verstehen, bis zur letzten Seite und 
bis zum letzten Wort Vordringen muß: sind diese gelesen, ist nie¬ 
mals der Weg verfehlt, so verbleibt ein einziger endgültiger Ein¬ 
druck, der allein jedem Wort den richtigen Akzent bei einer zwei¬ 
ten Lektüre zu geben vermag, die erheblich nutzbringender und 
grundlegender als die erste verlaufen wird, so aufmerksam auch 
die erste gewesen sein mag. Ohne ans Ende zu gelangen, das der 
Anfang ist und tatsächlich immer irgendwie mit ihm zusammen¬ 
fällt, läßt sich keine Rede wirklich verstehen. 
So kann man in gewisser Hinsicht sagen, daß die Sprache im 
Akzent liegt: in dem Akzent, der den Worten ihre Bedeutung gibt, 
in dem Ton, der, wie man zu sagen pflegt, die Musik macht; denn 
je nach dem Akzent, mit dem man spricht, können die gleichen 
Worte entgegengesetzte Bedeutung haben, kann Bewunderung sich 
in Ironie, befehlende Drohung in hilfeflehende Bitte wandeln 
usw. Und der Akzent ist das Gefühl des Sprechenden: ein Akzent, 
der in den verschiedensten Sprachen gleichklingt, die sich in der 
geschichtlichen Entwicklung des menschlichen Geistes gebildet 
haben, und den man bei jedem Menschen versteht, weil er, unab-
	        
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