Full text: Philosophie der Kunst

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Die Aktualität der Kunst. 
Schönheit klarer. Denn jetzt -wird offenkundig, daß es sich um die 
Aktivität handelt, in der der Gedanke besteht. 
Jeder ist zwar zu der Beobachtung in der Lage, daß der Ge¬ 
danke nicht Schönheit, sondern Wahrheit erzeugt. Daher mag es 
scheinen — und tatsächlich scheint es unaufhörlich so —, man 
müsse, um sich vom Wesen der Kunst Rechenschaft zu geben, 
den Gedanken beiseite lassen. Aber wir haben gesehen, daß, 
wenn der Geist etwas hervorbringt, er dies nur im Gesamtrhythmus 
seiner Dialektik tun kann; diese Dialektik ist der Rhythmus des 
Gedankens, der nicht mehr einfaches Subjekt, sondern Selbst- 
Bewußtsein ist. 
Von hier rühren die verzweifelten Versuche her, die Werke, 
die Erzeugnisse des Geistes sind, zu klassifizieren, indem man die 
Kunstwerke und die wissenschaftlichen oder Gedankenwerke in 
zwei unterschiedene Kategorien einteilt. Auf der einen Seite 
stellt man, soweit es sich im besonderen um literarische Werke 
handelt, die Poesie, auf der anderen die Prosa zusammen. Ist 
aber die Klassifikation vorgenommen, so setzen die Zweifel ein. 
Hört ein Prosalustspiel auf, ein Kunstwerk zu sein, nur weil es 
nicht in Versen geschrieben ist? Und welcher Kategorie gehört ein 
Roman an? Und die Dialoge Leopardis? Und die Platos, wenig¬ 
stens die, die wegen der Feinheit der Darstellung und des 
Glanzes der Form am meisten bewundert werden? Weiter: ist ein 
Dichter wie Dante oder wie Goethe nur Dichter oder nicht viel¬ 
mehr darüber hinaus Denker und Philosoph? Wird man nicht 
über die Philosophie Leopardis und Petrarcas schreiben können, 
mögen sie auch in der Literaturgeschichte als Dichter auftreten? 
Und gibt es nicht in der „Göttlichen Komödie“ offenkundig eine 
praktische, religiöse und politische Zielsetzung?. Diesen Fragen 
gegenüber verneint man entweder aus Doktrinarismus den Augen¬ 
schein selbst, oder man fügt den zwei Hauptklassen eine dritte 
Klasse von Dichter-Philosophen (oder Künstler-Philosophen wie 
Leonardo) und eine dritte Literaturgattung, die dichterische Prosa 
hinzu. Aber ist Campanella nur in seinen „Dichtungen“ Dichter? 
Nennt er diese Dichtungen zu Unrecht „philosophisch“? Und zeigt 
Vico, der in seinen Dichtungen nicht Dichter ist, in seiner „Neuen 
Wissenschaft“ nicht eine bedeutende dichterische Veranlagung? Und 
ist Giordano Bruno, der in seinen allegorischen Sonetten so seltene 
und verworrene Ansätze dichterischer Eingebung hat, nicht auf 
vielen Seiten der „Dialoge“ vom dichterischen Feuer durch¬ 
drungen und erschüttert?
	        
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