Liebe und Sprache.
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mene und absolute Angleichung des Objekts an das Subjekt. Er¬
reichte er sie ein einziges Mal, so würde er, wie wir wissen, ver¬
gehen, denn sein Sein ist einzig sein Werden. Er erreicht sie nie¬
mals, und er erreicht sie immer. Denn sein Werden bezeichnet, daß
er das sein wird, was er nicht ist. Zwei Gesichte also: Angleichung
von Subjekt und Objekt und Nicht-angleichung; Universalität und
Besonderheit. Und kraft der Besonderheit, die Verneinung des
Subjekts bedeutet, bejaht sich das Gefühl von neuem, das Liebe
als ewiges Sich-Verlieben ist.
Sich verlieben in Was? In andere, in anderes, in sich selbst.
Л ог allem in sich selbst; denn das Gefühl ist die Freude des Sub¬
jekts, soweit das Subjekt nicht ist, sondern sich setzt. Und es be¬
darf daher seiner selbst, und es befriedigt dieses Bedürfnis; es
strebt zu eigenen Sein und verwirklicht dieses Streben. In diesem
absoluten und transzendentalen Sinn muß man sagen, daß der Geist
in seiner Wurzel egoistisch ist. Aber dieser Egoismus verbindet als
Liebe zu sich, das ein unendliches „Sich“ ist, offenkundig zugleich
die Liebe zu Gott; er umschließt in sich jede andere mögliche Liebe,
die dieser Urliebe zu entquellen vermag. Und sie entquillt ihr tat¬
sächlich; denn das Subjekt, das sich selbst liebt, entfernt sich von
sich und objektiviert sich. Und sei es, daß sich jemand bewegt, um
zu seinem Ähnlichen zu gelangen, sei es, daß er stillsteht, immer
tritt im Inneren des Subjekts das Objekt auf. Und somit ist das
andere da. Dies ist zwar mit dem Subjekt identisch, aber anfänglich
ist es ihm gegenübergestellt, ist es ihm entgegengesetzt oder steht
außerhalb seiner: es ist eine Sache, die die ursprüngliche Unendlich¬
keit des Subjekts begrenzt, oder es ist eine Person, die ihm ent¬
gegentritt und es fühlen läßt, daß es neben ihm noch anderes gibt,
daß es nicht alles darstellt. Diese Entgegensetzung und Begrenzung
lösen, sich als unbegrenztes und wahres Subjekt aufs neue erobern —
das heißt einen andern mehr als sich selbst lieben, einen andern aber,
insofern er ganz eines mit ihm ist. Das sind die Dinge, die ich
die meinen, mein Eigentum, gleichsam Erweiterung meiner Person
nenne; bewegliche und unbewegliche Dinge, die Erde, auf der ich
mich niederlege, und die ich wie mein Haupt und meine Brust
vor jedem etwaigen Angriff zu verteidigen bereit bin, an die ich
mein Sein, in dem ich lebe, so stark knüpfe, daß der Verlust
meines Eigentums mir wie das Ende meines Lebens erschiene. Das
ist die Person, die die notwendige Ergänzung meiner Person
wird, weil ich fühle, daß ich in dem anderen Wesen meine ge¬
schlechtliche Ergänzung finde, deren ich bedarf, um zu einer wirk¬