Full text: Philosophie der Kunst

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Die Aktualität der Kunst. 
dein Gedanken oder nach den Ideen hin in Bewegung setzt, in 
denen der Gedanke das Wahre darstellen zu können scheint. Was 
der Geist glühend ersehnt, woran er nie sich sättigt, weil er es 
nicht entbehren kann, da es nichts Hinzugefügtes und außerhalb 
seines eigenen Seins Stehendes ist, ist die Schönheit, die in ihrem 
tiefsten Sein leuchtet, die aufblüht, sich zu einer unendlichen 
Formenmannigfaltigkeit ausdehnt und doch stets die erstgeborene 
Einheit bleibt, die sie im Innern von uns allen auf dem Grunde 
unseres Lebens ist. 
Der Gedanke ist das eine Firmament, das sich über uns Leben¬ 
den wölbt, wie es sich über den Toten wölbte, als sie noch lebten, 
und als auch sie die Augen dem Himmel zuwandten, wie es sich 
über denen wölben wird, die erst geboren werden, wenn auch sie 
Herz und Auge den unendlichen Wundern dieses grenzenlosen ge¬ 
stirnten Gewölbes erschließen. Sind wir alle aber unter dem Ge¬ 
danken gesammelt, erleben wir alle mit unseren Augen das 
gleiche Schauspiel, so liebten wir uns nicht, wenn unsere Augen 
sich nicht träfen, wenn unsere Hände sich nicht verknüpften, wenn 
wir das, was jeder von uns in seinem Innern trägt, nicht mit den 
anderen vereinen und gleichsam zu einer einzigen Reihe ver¬ 
schlingen könnten, durch die unsere Wurzeln eindringen und sich 
im Erdboden verästeln: in dem gleichen Boden, in den wir alle 
verpflanzt sind, während der Himmel, schön und herrlich, uns un¬ 
endlich hoch und fern erscheint. Diese seltsamen Wurzeln, die sich 
treffen, sich vereinen und ein großes verborgenes Netz bilden, sind 
die Seelen, nicht ihre höchsten Gedanken: die Seelen, die als 
solche, das heißt als Gefühl, sich natürlich verstehen, sobald sie sich 
eine zur anderen wenden; sie verstehen sich, weil sie sich in einem 
einzigen Fühlen und als eine einzige Seele finden. 
Eine einzige Seele zwar, identisch mit sich selbst und zugleich 
verschieden. Die sinnliche Liebe, in der diese vereinigende Macht 
am stärksten aufleuchtet, die aus zwei Seelen eine einzige schafft, 
ist am brennendsten, weil im Schoß der Einheit und der Gleichheit 
des Fühlens ein unaufhebbarer Unterschied gärt: ein Unter¬ 
schied, der zum stärksten gefühlsmäßigen Widerwillen (eines Sub¬ 
jekts gegen das andere) Anlaß geben kann, wenn die beiden Seelen 
nicht die Zweiheit lösen (und zahllose Male ist diese Zweiheit 
nicht lösbar, nicht wegen des Auseinanderstrebens des Gefühls, 
was, wie wir sahen, nicht vorkommt, sondern wegen des Aus¬ 
einanderstrebens der Persönlichkeiten, in denen das Gefühl körper¬ 
liche Gestalt annimmt). Diese Unterschiedenheit aber erzeugt die
	        
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