Full text: Philosophie der Kunst

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Die Aktualität der Kunst. 
Schönheit nennt, ist nichts anderes als die Phantasie, die sich selbst 
genießt, der Wert oder die Bedeutung der Phantasie. Und da die 
Phantasie, die fruchtbare Phantasie aus nichts anderem wie aus 
unsern Gefühlen (Wünschen, Bestrebungen, Erregungen, Liebe, 
Haß usw.) entsteht, kann die Kunst als die theoretische Form des 
Gefühls definiert werden. In der Phantasie verwandeln sich die 
Gefühle in Phantasmen, das Leben in Betrachtung, der leidenschaft¬ 
liche innere Antrieb, der an sich stumm ist, in Ausdruck: mit einem 
Wort in Bewußtheit, aber nicht schon und noch nicht in logische 
und geschichtliche Bewußtheit, sondern in die nicht überlegte und 
unmittelbare Bewußtheit der Intuition.“1*) Hier sind offenkundig 
Form und Inhalt zweierlei, und es wird zwar gesagt, der Inhalt 
müsse sich in Form verwandeln, die Verwandlung aber, von der man 
spricht, ist augenscheinlich nicht eine Verwandlung, sondern eine 
LIerantragung der Form an den Inhalt. An anderer Stelle* 20) spricht 
man von „konkreter und lebendiger Einheit“, von „ästhetischer 
Synthesis a priori“, und man wiederholt, daß „das Gefühl ohne 
(intuitive) Vorstellung blind und die Vorstellung ohne das Gefühl 
leer ist“. Man behauptet, künstlerisch sei nur die Verbindung des 
Gefühls mit der Intuition. Man sieht das Gefühl, man sieht die 
Intuition, aber dieses tertium quid der Verbindung beider läßt uns 
der Verfasser nicht sehen. Als Sophisterei wird hier der Ein¬ 
wand beurteilt, daß diese Intuitionsästhetik, „die den Inhalt der 
Kunst als Gefühl oder Seelenzustand bezeichnet, ihn außerhalb 
der Intuition bewertet und anzuerkennen scheint, ein Inhalt, der 
nicht Gefühl oder Seelenzustand sei, eigne sich nicht für die 
künstlerische Ausarbeitung oder sei nicht ästhetischer Inhalt“. Ein 
Sophisma solle das sein, und zwar deshalb: „Das Gefühl oder der 
Seelenzustand ist nicht ein besonderer Inhalt, sondern es ist das 
All und Ganze, betrachtet sub specie intuitionis, und außerhalb 
seiner ist kein anderer Inhalt begreiflich, der nicht zugleich eine 
von der intuitiven Form verschiedene Form wäre: nicht die Ge¬ 
danken, die das All und Ganze sub specie cogitationis sind; nicht 
die körperlichen Dinge und die mathematischen Gebilde, die das 
All und Ganze sub specie schematismi et abstractionis sind; nicht 
die Willenshandlungen, die das All und Ganze sub specie volitionis 
sind.“21) 
10) Croce, Conversazioni critiche, I, 81. 
20) Breviario di estetica (Bari 1913), S. 52. 
21) Breviario di estetica (Bari 1913), S. 53——54.
	        
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