Full text: Philosophie der Kunst

Das Gefühl. 
149 
Gedanken lebt, der dieses sein Leben im Ablauf seines Denkens 
sich entfalten fühlt, der nie außer acht läßt, daß in jedem Gegen¬ 
stand, den er denkt, res sua agitur, gibt es nichts, dem er teilnahms¬ 
los gegenüber stände; alles vielmehr nimmt an der inneren Freude 
Anteil, aus der heraus er die Finsternis des eigenen Nicht-Seins 
besiegt und zum Licht dringt. Und zum Licht dringt er durch die 
gleiche Kraft, die ihn sein ganzes Leben hindurch erhält. 
10. 
Vergleich mit dem Giobertianischen Begriff 
des Existierenden. 
Im Zusammenhang mit dieser Darstellung Rosminis scheint es 
zweckmäßig, an eine Lehre von Vincenzo Gioberti zu erinnern. 
Dieser konnte sich nicht davon überzeugen lassen, daß das Sein, 
das Objekt der intellektuellen Anschauung ist, als rein möglich 
oder ideal begriffen werden könne. Er bemerkte daß, wenn das 
Sein, gemeinsames Prädikat für alle möglichen Gegenstände des 
Gedankens und gewissermaßen ihr gemeinsamer intellektueller 
Nenner, ideal ist, alle diese Objekte gleichermaßen ideal sein 
müßten, und alles Wirkliche würde in einer rein abstrakten Möglich¬ 
keit verschwinden. Weshalb ist das vom menschlichen Verstände 
erfaßte Sein ideal? Weil es nach Rosmini in einem Zusammenhang 
erfaßt wurde, der dem Subjekt das Begreifen der Wirklichkeit des 
universalen Seins nicht einräumt. Das intuitiv erfaßte paßte sich 
daher der Natur des erfassenden Subjekts an, das von ihr nur die 
Idee annahm. Gegen diesen Psychologismus, der nach Gioberti 
zum Subjektivismus, zum Skeptizismus, zum Nihilismus führte, er¬ 
hob er heftigsten Widerspruch und setzte ihr seinen Ontologismus 
entgegen, der nicht zwischen Idee der Wirklichkeit und Wirklichkeit 
unterscheidet, und dem menschlichen Verstände kühn das unmittel¬ 
bare Erfassen der höchsten göttlichen Wirklichkeit zuschreibt; so 
daß der menschliche Verstand, indem er die einzelnen Dinge kennt, 
sie nicht mehr an einem einfachen idealen Sein teilhaben läßt, 
sondern sie auf Gott zurückführt: nicht um sie mit ihm zu iden¬ 
tifizieren, sondern um in ihnen, die nunmehr begreiflich werden, 
das schöpferische Handeln Gottes zu sehen. So sind alle Dinge 
nicht einfach möglich, sondern wirklich: wirklich, weil Gott wirklich 
ist, von dem sie abhängen, wie Wirkungen, die die aktuelle Kraft 
ihrer Ursache beweisen. Ursache und Wirkungen, Schöpfer und
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.