Full text: Philosophie der Kunst

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Die Aktualität der Kunst. 
und von ihm aufgesaugt, und deshalb existiert es in der Form des 
Logisdien. 
Falsch ist die Unterscheidung zwischen Phantasie und Verstand, 
wenn man sie als Unterscheidung zwisdien dem Gedanken des 
Nicht-Existierenden, des frei vom Geist Gesdiaffenen, und dem 
Gedanken des Existierenden oder des Wahren auffaßt, der den 
Gedanken an das Objektive bindet und ihn so begrenzt und um¬ 
schreibt. Nadi dem, was wir von dem Vorhandensein einer unter¬ 
scheidenden Verbindung zwisdien der Erfahrung des Traumes 
und des Wachens sagten, wird es klar, daß jede derartige Unter- 
sdieidung in der abstrakten Materie des Gedankens unmöglich ist. 
Alle abstrakt und außerhalb ihres Zusammenhangs mit dem Sub¬ 
jekt betrachteten Gegenstände sind weder wahr noch falsch, weder 
existierend noch niehtexistierend. 
Falsch ist die Unterscheidung zwischen Gegenständen der Phan¬ 
tasie und Gegenständen des reinen Gedankens, wohlbeleibt jene und 
körperlos diese, jene im Raum darstellbar und diese nicht. Ein 
Überbleibsel der alten dualistischen Theorie von Sinn und Ver¬ 
stand, als man den Sinn mittels des Körpers des Sinnträgers an die 
äußeren Körper band. Einzig der denkbare Körper wie der, um 
den jeder andere Körper sich gruppiert, und mit dem er zu einer 
körperlichen Einheit wird, ist der unsere, wie wir gesehen haben;5) 
nur der, der Körper ist, soweit man ihn empfindet (nicht als 
empfände man ihn, weil er Körper ist). Und seine Körperlichkeit 
ist nichts anderes als diese Ursprünglichkeit des grundlegenden Ge¬ 
fühls, durch das sich das Ich errichtet und behauptet: die Körper¬ 
lichkeit des Ich. Soweit sie Körperlichkeit des Ich ist, ist sie immer 
gegenwärtig, weil das Ich immer gegenwärtig ist. Und die Kraft, 
von der man sagt, sie erschüttere und wühle die Seele auf, wenn 
ein Gedanke sich durchsetzt, wird nicht durch die Nähe jener ange¬ 
nommenen Körper bestimmt, die durch das Sinnesvermögen hin¬ 
durch auf die Seele einwirken, sondern, wenn man so sagen darf, 
durch den Teil, den das Ich von sich in seinen Gedanken pflanzt. 
Tatsächlich gibt es Dinge, die in die Augen fallen, und von denen 
man, wenn man urteilt, wie es gewöhnlich zu geschehen pflegt, an¬ 
nehmen müßte, sie ergriffen die Seele und erschütterten sie heftig 
mit Gefühlen von Mitleid und Furcht, und doch lassen sie den Men¬ 
schen indifferent: er achtet kaum ihrer, da er seine Gedanken wo 
5) Einleitung Kapitel III § 6; vgl. ferner: Gentile, Introduzione alla filo- 
sofia, Mailand, Treves, 1933, p. 81 ff.
	        
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