Full text: Hans Driesch

Wenn wir bezüglich des Wortes „Mechanismus“ nicht übereinstimmen, so 
ist das wohl nur eine Wortfrage. Ich verwende es — (ebenso wie das Wort 
„Entelechie“) — als terminus technicus, dem ich eine bestimmte Bedeutung 
gebe, ohne mich an den engen Sinn zu halten —• (auch das gilt von der „En¬ 
telechie“, die bei Aristoteles ja nicht dasselbe bedeutet wie bei mir). 
Auf Seite 115 drücken Sie sehr scharf das aus, was ich eben „Mechanismus“ 
nenne (von Zeile 13 an), wozu noch der ausgezeichnete Begriff des „Zu Gast 
Seins“ kommt. 
Das Einzige eigentlich, was ich vermisse, ist die Ausführung eben dieses 
auf S. 115 angedeuteten Gedankens: Weshalb ist es nicht möglich, das, was 
da angedeutet ist, sich einigermaßen vorzustellen? Hier komme ich ja mit 
meinem „harmonisch-äquipotentiellen System“ und dem Begriff der „Inser¬ 
tion“. Den letzteren nennen Sie freilich. Wie Sie zum „harmonisch-äquipo¬ 
tentiellen System“ stehen, weiß ich nicht. Was mir stets die Hauptsache 
gewesen ist (und ist), war (und ist) stets, ein Argument zu finden, das den 
„Mechanismus“, als Lehre von der gegebenen Struktur („Maschine“), auf 
deren Basis alles Physikalisch-Chemische beruht, endgültig ausscheidet, 
wobei der Begriff der „Materie“ in dubio bleiben kann. 
Bonhoeffer bat midi, Ihre wertvolle Arbeit in der Zeitschrift für physi¬ 
kalische Chemie zu besprechen. 
Gleichzeitig mit diesem Brief geht das Referat an ihn ab. Leider wurde 
mir nur ein beschränkter Raum bewilligt. Ich habe ihn um die Hälfte über¬ 
schritten; hoffentlidi macht man keine Streichungen.6 
Noch einmal herzlichen Dank für die große Anregung, die Ihr Werk 
mir bot. 
Hoffentlich sehen wir Sie einmal in Leipzig!7 
Mit besten Grüßen und Empfehlungen, audi an Ihre Frau Gemahlin 
und, unbekannterweise, von meiner Frau 
Ihr aufrichtig ergebener 
Hans Driesch 
9. 10. 1938 
Herzlichen Dank für Ihr freundliches Sdireiben und anliegend ein kleiner 
Aufsatj, der vielleicht Ihr Interesse weckt.8 
Der Begriff „Ganzheit“ ist deshalb in dem Aufsatj über „Das Ding“ nicht 
erörtert worden, da es sidi eben nur um die Konstruktion des Begriffs 
„Ding“ überhaupt handeln sollte, gleichgültig, was für ein Ding in Rede 
steht. An anderer Stelle habe ich ja über Ganzheit (und über „Ganz¬ 
machen“!) alles gesagt, was mir zu sagen möglich ist, zumal in den „Philos. 
Gegenwartsfragen“ (1933), 2. Hauptteil, S. 82—142. 
Das von Ihnen erwähnte Buch Burkamps kenne ich nicht. Ich las vor 
Jahren ein Buch von ihm über „Ganzheit“, das mir wenig gab. Vielleicht 
8 Ztschr. f. physik. Chemie 1938, S. 227. 
7 Das ist nicht möglich gewesen. 
8 „Das Ding“ in Zeitschrift „Synthese“, Leyden. 
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