die Entelechie als seelenähnlich oder psychoid bezeichnet, nicht in
einem schon verneinend gemeinten Sinn eines als-ob, sondern um
konsequenterweise damit ihre Zielstrebigkeit, die Sinnhaftigkeit
ihres Wirkens, ihre Idee und „Intelligenz“ auszudrücken, so ge¬
hört zu ihr nicht minder ein Subjekt, dem dieses Zielstreben und
die zu seiner Verwirklichung notwendige Fähigkeit eignet. (Wie
z. B. auch jemand, der die „Natur“ als Künstlerin bezeichnet, wenn
er dies nicht nur in dichterischer Lizenz, aber unernst tut, ihr also
bloß phantasiemäßig Kunstformen unterstellt, sondern wenn er in
ihr im Ernst künstlerisches Walten und Gestalten sieht und meint,
wie ein solcher Naturbetrachter die Natur „personifizieren“ muß,
d. h. sie als tragendes und schöpferisches Subjekt denken muß,
widrigenfalls er diese „Personifikation“, die natürlich nicht eine
Vermenschlichung bedeuten darf, lieber unterlassen soll.) Wenn
man also schon von seelenähnlich und psychoid spricht, so kommt
man um einen Träger ebenfalls nicht herum, um ein „Subjekt“,
das man annehmen muß auch schon für den „der morphologischen
Zweckmäßigkeit zugrundeliegenden Faktor“, nur ist natürlich kein
individuelles bewußtes Subjekt oder gar ein solches im menschlichen
Sinn gemeint, seelenähnlich und psychoid kann vielmehr nur hei¬
ßen: In gewissen Wesenszügen der menschlichen Seele ähnlich oder
analog, d. h. aber bereits seelisch in einem Sinn, dem gegenüber
das menschlich Seelische der untergeordnete Begriff ist. Der Ente¬
lechie und zwar auch als Träger der morphogenetischen Potenz, ein
seelisches Wesen und Wirken zuzuschreiben, bedeutet also keine
Vermenschlichung, sondern eine Konsequenz. Vermenschlichung
wäre erst, diese Fähigkeiten den menschlichen gleichzuse^en oder
etwa nur dem Grad und Umfang nach verschieden zu denken. Die
Art und das Maß der Ähnlichkeit kann vielmehr dahin gestellt
bleiben, aber unter einen dem Menschlichen übergeordneten, in
Wesenszügen aber dodi mit ihm übereinstimmenden Begriff des
Seelischen muß auch das Psychoid fallen, wenn anders es einen
Sinn haben soll, es einzuführen. Anders ausgedrückt: Wir stimmen
der Kennzeichnung der Entelechie als seelenähnlich, psychoid zu,
wenn damit seelisches Wesen, aber nidit in menschlicher Ausprä¬
gung, sondern nur in Analogie zum menschlich Seelischen gemeint
sein soll.
Grundsätzlich können wir auch der Kennzeichnung einer unbe¬
wußten Seele als einer contradictio in adjecto Wolff durchaus zu¬
stimmen, während wir in dem Ausdruck „unbewußt Seelisches“
noch keinen Widerspruch anerkennen würden. Wo immer in der
Psychologie das Wort sinnvoller Weise, d. h. im echten Gegensatz
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