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II. Elementarlehre.
kowski ergibt, wobei zugleich die Zeit sich ganz nach
Art einer vierten Dimension zu den dreien des Raumes
rechnerisch ausdrückt. Sofern den idealen absoluten Be¬
stimmungen der Mechanik Newtons eine unmittelbar physi¬
kalische Bedeutung vielfach fälschlich beigemessen worden
war, wird dieser Irrtum durch die Relativitätstheorie end¬
gültig berichtigt. Doch muß sie sich dabei hüten selbst
in einen neuen Absolutismus zu verfallen, wie es geschehen
würde, wenn sie die Lichtgeschwindigkeit als nicht bloß
empirisch sondern absolut letzten Faktor ansähe. Es ist
die Möglichkeit durchaus nicht a priori auszuschließen, daß
auch diese zufällige Schranke unserer Empirie einmal über¬
wunden würde; womit freilich nicht die Beschränkung, die
aller Empirie als solcher notwendig anhaftet, überhaupt
aufgehoben, sondern die Schranke nur eine Stufe weiter
zurückgeschoben wäre.
Somit bestätigt diese Betrachtung gerade die von
Newton aufgestellte, von Kant schärfer bestimmte und
strenger eingehaltene Unterscheidung der reinen von den
empirischen Bestimmungen der Zeit, des Raumes und
damit der Bewegung. Die Einheit des Naturerkennens
wird dadurch übrigens nicht durchbrochen; denn jene
Forschungen haben gerade die „Invarianz“ der Natur¬
gesetze allen jenen „Transformationen“ gegenüber erwiesen,
deren die Grundvoraussetzungen der empirischen Zeit- und
Raumbestimmung fähig sind. Eine absolute Eindeutigkeit
dieser Bestimmungen ist nicht möglich, aber auch nicht er¬
forderlich; den Bedingungen „möglicher Erfahrung“ genügt
eine solche Eindeutigkeit, welche die Aufstellung von Natur¬
gesetzen ermöglicht; diese besteht aber auch nach den
Voraussetzungen des „Relativitätsprinzips.“