Full text: Logik

B. Synthetischer Teil. II. Mathematische Physik. 47 
eine Synthesis, die „nicht den Sinnen angehört“, sondern 
in welcher „der Verstand die Sinnlichkeit bestimmt“, Raum 
und Zeit „als Anschauungen zuerst gegeben werden“. 
Man zieht demnach nur die volle Konsequenz aus den Prä¬ 
missen Kants, wenn man erklärt: die Bestimmungen von 
Zeit und Raum sind samt und sonders Denkbestimmungen, 
deren Ziel jene Determination der Größen und Größen¬ 
relationen ist, welche den Begriff des mathematischen zu 
dem des Naturobjekts ergänzt. Eben deshalb sind Zeit 
und Raum Grundbedingungen der Existenzbestimmung in 
der Erfahrung, denn Existenz besagt eben jene vollständige 
Determination des Gedachten, welche das Ziel aller Be¬ 
stimmung des Gegenstandes gemäß den Kategorien ist. 
Und wieder aus demselben Grunde sind Zeit und Raum 
Ordnungen der Empfindungen, denn Empfindung, die als 
letzter Zeuge der Existenz oder Gegebenheit gilt, ist nur 
der psychologische Ausdruck der logischen Forderung einer 
letzten Determination, als der des Existierenden und nicht 
bloß abstrakt Möglichen. Auf dieser Grundlage lassen sich 
die mathematischen Bestimmungen der Zeit und des Raumes 
einerseits, ihre Existentialbestimm ungen andrerseits, die sie 
von bloßen Begriffen unterscheiden, ausnahmslos ableiten. 
§ 30. Die mathematischen Gesetze der Zeit. 
Die Zeit vertritt im letzten Grunde die Diskretion und 
gleichsam Akzentuierung des Seins, vollständiger: die Ord¬ 
nung in der Diskretion. Sie besagt Auseinanderhaltung der 
Elemente im Bewußtsein, indem jedes wie für sich, je in 
einem besonderen Bewußtsein, also diskret, gesetzt wird, und 
zugleich in bestimmter Ordnung, nach einander, d. h. jedes 
an seiner bestimmten Stelle, als erstes und folgendes u. s. f. 
in einer (und zwar einzigen) Reihe. Dies ist aber direkt 
Zählung, deren Voraussetzung auch in dem Ausdruck des 
Nacheinander (d. i. eins nach dem andern, oder erstens, 
zweitens, und so fort) unmittelbar zutage tritt. Und wenn 
es eine bloß psychologische Bemerkung zu sein scheint, 
daß umgekehrt Zählung stets ein Nacheinandersetzen sei 
(der Begriff der Zahl schließt in der Tat nicht das 
Nacheinander ein, sondern erstreckt sich ebenso gut auf 
Gleichzeitiges oder beliebig oder gar nicht nach der Zeit
	        
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