B. Synthetischer Teil. I. Mathematik.
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§27. Veränderliche, Funktion und Infinitesimal-
method e.
Der Begriff einer zählbaren Größe ist damit zuerst
gegeben, daß den einzelnen, quantitativ bestimmten Werten
die qualitativ, nämlich durch irgendein Gesetz der Bildung
der Werte definierte „Veränderliche“ sich gleichsam als
Gattung überordnet (§ 17). Die Zahl selbst wird als
Größe gedacht, indem sie selbst als Gattung (vgl. § 26,
Abs. 2) ihren sukzessiven Einzelwerten gegenübertritt. Sie
kann dann auch gedacht werden als Repräsentant einer
gleichförmigen Veränderung, auf welche bezogen alsdann
irgendwelche zwei Veränderliche in dem stetigen Gang
ihrer Änderung vergleichbar werden. Hierauf gründet sich
der Begriff der Funktion, als einer Größe, der „abhängig
Variabein“ y~f (%), deren Änderungen nach bestimmtem
Gesetz von den entsprechend der stetigen Entwicklung
der Zahlreihe sich folgenden Änderungen einer andern
Größe, der „unabhängig Variabein“ x, abhängen. Die
logische Grundlage dieser Abhängigkeitsbeziehung wurde
oben (§ 19) in den Gesetzen der Synthesis der Relation
nachgewiesen. Auf dem Wege des Grenzverfahrens ergibt
sich dann für das Verhältnis der Differenzen der in solcher
Weise verknüpften Größen y und x, wenn diese Differenzen
sich gemeinsam der Null unbegrenzt nähern, ein definiter
Ausdruck, der „Differentialquotient“ der nach dem Sinn
dieser Zeichen bedeuten soll das Verhältnis der unendlich
kleinen („infinitesimalen“) Änderungen der Variabein y und
x. Wirklich zeigt der Differentialquotient das durch die
stetige, nach bestimmtem Gesetz geschehende Änderung
im unteilbaren diskreten Punkt erreichte Ergebnis der
Änderung, und zwar in einem neuen, für jeden Punkt
gültigen Gesetzesausdruck an. So ist durch den Differential¬
quotienten der Gleichung für den Fallraum, s = l/2 gt2, die
Endgeschwindigkeit im Fall, gt, so durch den Differential¬
quotienten der Gleichung einer Kurve die Richtung der
Tangente bestimmt, und es kann dann umgekehrt etwa
aus den stetig wachsenden Endgeschwindigkeiten der Fall¬
raum, aus den stetigen Richtungsänderungen der Tangente
die Kurve, wie durch unendliche Summation der unendlich