Über die Gewerbefreiheit
Da die Gesellschaft keine andern Rechte auf die
einzelnen Menschen hat, als zu verhindern, dass sie
einander schaden, steht ihr die Gerichtsbarkeit über
das Gewerbe nur zu, wenn sie es als schädlich an¬
nimmt. Das Gewerbe eines Einzelnen kann jedoch
den Mitmenschen nicht schaden, solange dieser nicht
zugunsten des seinen und zum Nachteil des ihrigen
fremde Hilfe anruft. Es liegt im Wesen des Gewer¬
bes, dass es gegen das rivalisierende Gewerbe in
einem vollständig freien Wettbewerb streitet und
sich anstrengt, eine deutliche Überlegenheit zu er¬
langen. Alle anders beschaffenen Mittel, die es an¬
zuwenden sucht, sind Werkzeuge des Betrugs und
der Unterdrückung. Die Gesellschaft hat das Recht,
ja die Pflicht, sie zu bekämpfen. Aber daraus folgt,
dass ihr das Recht nicht zusteht, die Mittel, welche
sie allen gleichmässig untersagen muss, gegen das Ge¬
werbe des Einen zugunsten des Andern anzuwenden.
Die Regierung kann auf zwei Arten auf das Ge¬
werbe einwirken, mit Verboten und mit Erleichte¬
rungen. Die Vorrechte dürfen nicht von den Verbo¬
ten getrennt werden, weil diese notwendigerweise in
jenen einbegriffen sind.
Was ist nun ein Vorrecht auf dem Gebiet des Ge¬
werbes? Es bedeutet, dass die Kraft des Gesellschafts¬
körpers dazu verwendet wird, die Vorteile, welche
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