er Mitglied des Tribunals. Seine Aufgabe nahm er
ernst: so sehr er anfänglich dem Ersten Konsul Ver¬
trauen entgegengebracht hatte, so sehr fürchtete er
jetzt, dass die Freiheit immer mehr unterdrückt
werde. Deshalb verlangte er in seiner ersten Rede,
dass das Tribunal auf dem ihm von der Verfassung
zugewiesenen Recht beharre, die vor gelegten Gesetze
zu erörtern. Bonaparte wütete, und Jakobiner und
Royalisten fielen über den Mann her, der es gewagt
hatte, dem mächtigen Gebieter entgegenzutreten.
Constant hatte auf den folgenden Abend ein Essen
angesetzt; von den Eingeladenen erschienen bloss
zwei: niemand wollte es mit dem Herrn der Fran¬
zosen verderben. Dieser bemerkte gelegentlich: «Es
gibt da zwölf oder dreizehn verworrene Metaphysi¬
ker, welche sich für eine Partei halten. Wenn ich sie
gewähren Hesse, bestünde in Frankreich nach drei
Monaten keine Regierung mehr.» Da Constant seine
Kritik fortsetzte, wurde er im Januar 1802 aus dem
Tribunal ausgeschaltet. «Das Tribunal säubern»
nannte ein Staatsrat dieses Vorgehen. «Sagen Sie
,die Sahne abschöpfen’!» berichtigte Madame de
Staël. Damit war Constants politische Laufbahn für
zwölf Jahre unterbrochen.
Diese Zeit verbrachte er grösstenteils in Deutsch¬
land und in der Schweiz. Das Verhältnis zu Ma¬
dame de Staël hatte sich unterdessen verschlechtert.
Widerwillig reiste er mit ihr nach Weimar; nach
Italien begleitete er sie nicht mehr. Er versuchte sich
von ihr zu lösen; denn er fühlte sich nicht mit ihr
verbunden, sondern von ihr unterjocht, ln seinem
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