Full text: Über die Freiheit

Über die fortschreitende Entwicklung 
der religiösen Vorstellungen 
Wer die Religion als etwas Festes, Unveränder¬ 
liches betrachtet und also annimmt, dass sie zu allen 
Zeiten der menschlichen Gesittung gleich geblieben 
sei, den führt dieser Grundsatz unweigerlich zu 
schweren und gefährlichen Irrtümern. Alles, was 
mit den Menschen und seinen Ansichten über irgend¬ 
welche Dinge zusammenhängt, entwickelt sich not¬ 
wendigerweise, das heisst ist wandelbar und unbe¬ 
ständig. Diese Wahrheit tritt in der Politik, in der 
Wissenschaft, im Aufbau der Gesellschaft, in der 
Staatsverwaltung und in der Wirtschaft zutage. 
Sollte die Religion allein davon ausgenommen 
sein? Während keine einzige Einrichtung, Form und 
Vorstellung, welche der Kindheit des Gesellschafts¬ 
zustandes angehört, einem weniger groben Zustand 
zu entsprechen vermöchte, sollte die Religion dazu 
verurteilt sein, unvollkommen und unverändert mit¬ 
ten in der allgemeinen Bewegung und Verfeinerung 
zu verharren? 
Zweifellos nein. Wer sagt, dass die gleiche Reli¬ 
gion einer wilden Horde und einem gesitteten Volk, 
einem in Unwissenheit befangenen Völkerstamm und 
einer aufgeklärten Gesellschaft genügen könne, der 
würde alle geistvollen Menschen mit dieser Albern¬ 
heit vor den Kopf stossen, wenn sie eben nicht von 
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