Full text: Geschichte des römischen Königs Wilhelm von Holland

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ohne Zweifel den Krieg nach sich ziehen musste. Er liess 
nemlich, um seinen Verfügungen den Schein der Rechtmässig- 
zu verleihen, vor den versammelten Fürsten folgende Rechts¬ 
sätze erklären und beurkundete sie selbst am 4. Juli „im Lager vor 
Frankfurt“: „dass, nachdem er von den Fürsten zum römischen 
König erwählt, vom Papste bestätigt und gewohnheitsmässig 
geweiht und gekrönt sei, alle Lehensleute des Reiches ihre 
Lehen binnen Jahr und Tag von ihm hätten in Empfang 
nehmen müssen; dass zweitens alle Lehen, bei denen dies 
nicht geschehen sei, ihm zur Verfügung ständen; dass drittens 
alle Lehen derer, welche auch nach seiner Wahl und Krönung, 
obwohl aufgefordert, widerspänstiger Weise die Belehnung nicht 
nachgesucht hätten, ihm ledig wären, und endlich als Folge¬ 
rung dieser drei Sätze, dass er daher über die Reichslehen der 
Gräfin von Flandern beliebig verfügen könne“. Dass die Ver¬ 
kündigung der drei ersten Sätze nur auf Flandern zielten, war 
unschwer zu erkennen. Die Gräfin trug nemlich vom Reiche 
die Markgrafschaft Namur, die Grafschaft Alost, südlich von 
Antwerpen an der Schelde, das Land Waas zwischen Schelde, 
Flandern und den seeländischen Inseln und die 4 südlichsten 
derselben, die 4 Ämter genannt1), zu Lehen. Margaretha hatte 
nun, als Wilhelm von Holland, ihr eigner Vasall wegen der 
Grafschaft Seeland, zum römischen König gewählt und gekrönt 
wurde, allerdings — wie es nach dem Lehenrechte hätte ge¬ 
schehen müssen — ihre Reichslehen nicht von ihm in Empfang 
genommen ; der König war also formell vollkommen im Rechte. 
Aber dennoch konnte der Gräfin dies Versäumnis eigentlich 
nicht zur Last gelegt werden, da auch Wilhelm ihr, als sie 
1244 zur Regierung gekommen war, nicht gehuldigt halte, wozu 
er nach dem Vertrage von Hedensee durchaus verpflichtet war. 
Durch den Brüsseler Frieden, 1250, war dann Wilhelm dieser 
Verpflichtung, so lange es der Gräfin gefiel, enthoben. Man 
sieht, es war ein so verwickelter Rechtsstreit, dass seine Ent¬ 
scheidung in dieser Zeit nur durch die Waffen herbeigeführt 
werden konnte. Der König zögerte nun mit der Neuverleihung 
von Reichsflandern — so wurden die oben genannten Reichs¬ 
1) Vgl. Spruner-Menke, Ilistor. geogr. Handatlas, Rlatt 39.
	        
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