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Wilhelm und Margaretha halten daher einen doppelten
Grund des gegenseitigen Hasses. Dazu wirkte wohl noch be¬
sonders der Umstand, dass Johann von Avennes sich schon
am 26. Sept. 1247 von dem Bischof Heinrich von Lüttich, dem
Lehnsherrn von Hennegau, mit dieser Grafschaft hatte belehnen
lassen1): damit brach er olFen den mit seinen Stiefbrüdern
geschlossenen Vertrag. Dann hatte er bald nach der Wahl
Wilhelms zum römischen König mit Hilfe seines Schwagers
einen Einfall in Reichsflandern, ein kleines Gebiet westlich vom
Unterlauf der Schelde an die südlichste Rheinmündung gren¬
zend, gemacht2), indem er behauptete, es sei Reichsgut, über
Johann von Avennes ausgestellte Urkunde (bei Bergli 1 nr. 430), worin
er sagt, dass er occasione malrimonii inter me ex una parte et sororem
comitis Iiollandie Aleidem, neptem ipsius ducis (i. e. Brabantie) ex altera
mit dem Herzog von Brabant ein Bündniss geschlossen habe. Also
muss an diesem Tage die Ehe doch schon vollzogen gewesen sein und
zwar höchst wahrscheinlich sehr kurze Zeit vorher. Am 75. Oct. des¬
selben Jahres sanctionierle der Papst dieselbe durch eine besondere
Urkunde (bei Bergh I, nr. 433).
1) Belehnungsurkunde des Bischofs bei Jacques de Guise, hsgg. von
Heller M. G. SS. XXV; in der (zu dieser Arbeit benutzten) Ausgabe von
Forlia d’Urban 15, cap. 121.
2) Schon Sattler 27. 28 hat nachgewiesen, dass dieser Einfall zwi¬
schen Oct. 1246 und Juli 1248 gemacht sein muss. Guise 15, cap. 122
setzt ihn in das Jahr 1247, nach der Wahl Heinrichs von Lüttich
(Sept. 26) und berichtet, dass anno circiter sequente (nemlich von diesem
Einfall ab gerechnet) ein Friede zwischen Flandern, Holland und Avennes
urkundlich geschlossen sei. Diese Friedensurkunden sind nun sicher in
den Jan. 1249 anzusetzen (vgl. Sattler S. 28, Anm. 1). Daher glaube
ich, muss man jenes anno circiter sequente übersetzen: „etwa ein Jahr
darauf“; denn jede andere Uebcrsetzung würde nicht passen. Also
wurde nach Guise der Einfall ausgeführl nach Sept. 1247 und etwa im
Jan. 1248. Da ist nun nichts natürlicher als ihn zwischen diese beiden
Termine und also in die letzten drei Monate des Jahres 1247 zu
setzen. Zur Bekräftigung dieser Behauptung kommt noch folgendes.
Wir haben naturgemäss von Wilhelm, wie von anderen Fürsten im
Mittelalter, grade aus den Zeiten, wo sie in Kriege verwickelt sind, nur
wenig oder gar keine Urkunden, vgl. die Zeit des Krieges Wilhelms mit
Margaretha 1253, wo wir vom 9. Apr. bis zum 13. Aug., 1254
vom 27. März bis 18. Mai, ferner Juni 19. bis Jul. 26. während des