Full text: Geschichte des römischen Königs Wilhelm von Holland

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Justitiar ernannt1). Diese zuerst im Jahre 1235 von Friedrich II. 
ins Leben gerufene Würde hatte in dieser Zeit aber ihren ur¬ 
sprünglichen Charakter eines Hofrichters fast ganz verloren 
und vielmehr den eines königlichen Statthalters angenommen. 
Der König erneuerte jetzt diese Würde in der Person des 
Grafen von Waldeck, damit dieser an seiner Stelle die Inter¬ 
essen des Königs gegenüber dem rheinischen Kunde wahre und 
vertrete. Hierzu bot sich, wie gesagt, die Gelegenheit schon 
im Juni 1255, während Wilhelm selbst sich nach seinem Stamm¬ 
lande begeben hatte. Der königliche Justitiar vermittelte nem- 
lich auf dem Bundestage vom 29. Juni zwischen den Herren 
und Städten, und es gelang ihm auch, einen Waffenstillstand 
herzustellen, infolge dessen die Städte am folgenden Tage den 
in Holland weilenden König brieflich um nochmalige Bestätigung 
des Bundes und um Rückkehr an den Rhein baten. Zur Er¬ 
haltung und Stärkung des Landfriedens, so beschliesst man, 
soll der König nach seiner Rückkehr 8 Mitglieder von den 
Herren, die Städte selbst ebenfalls 8 Mitglieder erwählen. Also 
von dem Bunde selbst wird dem König hier eine für ihn sehr 
bedeutungsvolle Befugnis übertragen: die Hälfte dieser Kom¬ 
mission zur Wahrung des Landfriedens ist natürlich ganz den 
Wünschen Wilhelms ergeben; denn er wird ja nur ihm erge¬ 
bene Herren dazu ernennen. 
Im November 1255 kehrte der König, den Bitten der Städte 
willfahrend, an den Rhein zurück und gemäss den Verabredungen 
mit dem Bunde kam er am 10. November zu dem Bundestage 
nach Oppenheim. Die im Juni 1255 unter Vermittlung des 
königlichen Justitiars nur durch einen Waffenstillstand beige¬ 
legten Streitigkeiten zwischen Herren und Städten geben dem 
König selbst jetzt die Gelegenheit, seine richterliche Obergewalt, 
die ihm als König zustand, zu zeigen. Wenn der König diese 
Versammlung auch nicht zusammenberufen hat, so beräth der 
Bund doch coram rege, vor d. b. unter dem Vorsitz des Königs1 2). 
Denn nachdem er den Bund in so manchen Beziehungen unter 
seine Autorität zu bringen gewusst hat, so wird er, wenn der 
1) Reg. 259. 
2) Weizsaecker 29, nr. VII,
	        
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