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3. Der Plan der Absetzung Wilhelms1),
Denn nicht nur zum Beistände im Kriege war das Bündnis
geschlossen, sondern ihre Absichten gingen viel weiter. Da
Konrad IV. im Mai d. J. gestorben war und Wilhelm, obgleich
ihn eine grosse Anzahl deutscher Fürsten und Städte anerkannt,
eine königliche Stellung sich durchaus noch nicht erworben
hatte, so tauchte jetzt unter seinen Gegnern der Plan auf, einen
neuen König an Wilhelms Stelle zu erwählen. Hierbei konnten
sie sich darauf stützen, dass ja Wilhelm nur als Gegenkönig
gewählt sei, während die rechtmässigen Herrscher Friedrich II.
und Konrad IV. gewesen waren; also war nach ihrer Ansicht
nach Konrads Tode das Reich erledigt, und man konnte dem
Rechte nach zur Neuwahl schreiten»). Wer von den drei Ver¬
bündeten, Konrad von Köln, Margaretha von Flandern und Karl
von Anjou die erste Anregung zu dem Plane gegeben hat, ist
schwer zu entscheiden. Doch ist vielleicht eher anzunehmen,
dass der Plan von flandrisch - französischer Seite ausging, als
von kölnischer. Denn kaum dürfen wir dem Erzbischof einen
so schroffen Wechsel in seiner Gesinnung Zutrauen; doch darf
man bei dem mangelhaften Stande der Überlieferung nicht zu
1) Leider ist ein grosser Teil dessen, was wir über die näheren
Umstände des 1254 auftauchenden Planes, Wilhelm abzusetzen, angeben
können, nur Vermuthung; denn die Quelle für die Kenntnis desselben
bildet fast allein eine Sammlung von Briefen in einem Formelbuche,
hsgg. im Archiv f. österr. Geschichte XL, 133 ff. und zwei Urkunden
des Papstes Alexander IV. vom 28. Aug. 1255, hsgg. in den Fontes rer.
austr. II, 25, S. 146 und 149. Busson hat auf diesen Plan zuerst auf¬
merksam gemacht in seinem Aufsatz: Uber einen Plan an Stelle Wilhelms
von Holland Ottocar von Böhmen zum römischen König zu wählen, im
Arch. f. österr. Gesell. XL, 131—155.
2) Noch einmal begegnen wir in der deutschen Geschichte einem
entsprechenden Verhältnisse. Nach Kaiser Ludwig IV. von Baiern Tode
1347 schritt die bairische Partei, obwohl von den Gegnern, der böhmisch¬
luxemburgischen Partei, Karl IV. schon 1346 zum Gegenkönig erwählt
war, dennoch zur Neuwahl. Günther von Schwarburg wurde im Jan. 1347
zum Nachfolger Ludwigs gewählt. Als er aber noch in demselben Jahre
starb, gelangte Karl IV. von Böhmen, ursprünglich Gegenkönig, zur all¬
gemeinen Anerkennung.