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von Karl noch nicht besetzten Orte verteidigten sich daher
aufs Äusserste. Als er von Valenciennes gegen Enghien selbst
vorrückte'), wurde er kaum eine Meile von der Stadt von einem
feindlichen Heere, das sich zum Teil aus den Kunden zusam¬
mensetzte, überfallen und nach grossen Verlusten gezwungen,
seinen Marsch gegen Enghien aufzugeben. Vollendet wurde
diese Niederlage durch einen zweiten Überfall in der folgenden
Nacht. Dies Missgeschick veranlasste Karl, den Rückzug anzu¬
treten und nur die Belagerung von Valenciennes kräftiger fort¬
zusetzen. Nach 4 Tagen erfolgloser Bestürmung Hessen sich
die Belagerten auf Unterhandlungen mit Karl und Margaretha
ein und willigten nach eben so lange dauernden Berathungen
unter der Bedingung in die Übergabe ein2), dass sie dem Grafen
Karl von Anjou als Herrn von Hennegau huldigten, dass dieser
sich dagegen verpflichtete, die Grafschaft, nur so lange als Mar¬
garetha lebe, in Besitz nehmen und nach ihrem Tode an lohann
von Avennes, den rechtmässigen Erben, abtreten zu wollen3).
Wann die Besetzung Hennegaus durch Karl mit dieser Über¬
gabe vollendet wurde, wissen wir nicht; ebenso wenig ist uns
bekannt, aus welchen Gründen König Wilhelm dem Grafen von
Anjou nicht entgegengetreten ist, bevor dieser die Grafschaft
völlig besetzt hatte4). Formell suchte er zwar die Ansprüche
seines Gegners auf Hennegau zu vernichten.
Margaretha selbst hatte nemlich ihre Gegner von der Über¬
tragung der Grafschaft an den Grafen von Anjou in Kenntnis
gesetzt, indem sie unlange nach dem Ereignis dem Bischof von
Lüttich, dem Oberlehnsherrn der Grafschaft, meldete, sie habe
dieses Land an Karl von Anjou verliehen, und ihn bat, sich
von diesem die Huldigung leisten zu lassen; zugleich forderte
sie den Grafen von Luxemburg und den Herrn von Mortagne,
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1) Das Folgende nur bei Guise.
2) Guise XV, cap. 143.
3) Guise XV, cap. 144.
4) Jener oben erwähnte Waffenstillstand (Winkelmann, nr. 553) und
die Chronique de Flandre et des croisades bei de Smet III, 671. 672
bezeugen aber, dass Wilhelm wirklich, erst nachdem Karl ganz Ilennegau
besetzt hatte, auf dringende Bitten seines Schwagers Johann von Avennes
diesem zu Hilfe kam.