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wenig Erfolg hatte. Karl zögerte nun aber nicht, sich in den
Besitz der ihm übertragenen Grafschaft zu setzen: schon etwa
2 Monate nach Abschluss des Vertrages mit Margaretha1) rückte
er von Compiegne an der Oise aus1 2) in Hennegau ein, dessen
Bewohner ihm fast in allen Orten den entschiedensten Wider¬
stand leisteten. Nachdem die Franzosen mehrere kleinere Orte
besetzt und den Flammen preisgegeben hatten, zogen sie vor
die feste Stadt Valenciennes, und da die Bürger die an sie er¬
gangene Aufforderung zur Übergabe zurückwiesen, so begann
man die Belagerung2). Als aber mehrere Angriffe von den
Bürgern tapfer zurückgeschlagen waren, sah man sich genötigt,
nach 12 Tagen unverrichteter Sache abzuziehen; nur eine kleine
Beobachtungstruppe blieb vor der Stadt3). Karl besetzte die
übrigen kleineren Orte der Grafschaft, wie Le Quesnoy, Mons,
Ath4), Beaumont, Maubeuge5), Bouchain und Berlainmont6), so
dass jetzt fast ganz Hennegau bis auf Valenciennes und Enghien,
den zweiten Hauptort des Landes, in seinen Händen war7).
In allen Orten, welche sich ihm ergaben, setzte er neue Beamte
ein: wenn daher schon die gewaltthätige Regierung der Mar¬
garetha seit dem Jahre 1251 ihr die Herzen der Lhmnegauer
entfremdet hatte, so war dies noch viel mehr der Fall, seit
sie den fremden Grafen ins Land gerufen hatte. Die beiden
1) Die Richtigkeit dieser Zeitangabe geht hervor aus einer Urkunde
König Wilhelms vom 8. Jan. 1254, Antwerpen (bei Winkelmann, Acta
nr. 551), worin er die Verpflichtung der Bürger von Lüttich mit ihrem
Bischof zur Verteidigung der Grafschaft Hennegau, als eines Lehens des
Bistums Lüttich, gegen den Grafen von Anjou, qui terram istam hosliliter
occupât et invadit, auszuziehen, verkündet. Also im Anf. Jan. 1254 hatte
Karl den Einfall schon begonnen.
2) Guise XV, 168. 170.
• 3) Guise XV, 170. •
4) Die Besetzung dieser 3 Orte durch Karl von Anjou bezeugen
übereinstimmend Guise XV, 174 und der später zwischen Wilhelm und
seinen Gegnern abgeschlossene Waffenstillstand (bei Winkelmann, Acta
nr. 553). Die Richtigkeit der Erzählung Guises wird durch diese urkund¬
liche Bezeugung sehr gut unterstützt.
5) Guise XV, 174.
6) Winkelmann, Acta nr. 553.
7) Guise XV, 168.