reich selbst meist nicht anders erging. Während in Saarbrücken immerhin einzelne
Entwürfe - wie beispielsweise der Gebäudekomplex des heutigen Kultusministe¬
riums - umgesetzt werden konnten, endeten vor allem die Planungen für Saarlouis
in einer öffentlichkeitswirksamen Niederlage. Eine eigentümliche Koalition aus
lokalen Politikern und Vertretern der Kaufmannschaft verteidigte die dortigen, auf
die ursprünglich ebenfalls französischen Pläne des 18. Jahrhunderts zurückgehen¬
den Leitlinien des Städtebaus mit zähem Widerstand gegen die Neuordnungspläne
der Besatzungsmacht und konnte sich damit fast ausnahmslos durchsetzen. Die
schulpolitischen Pläne der Besatzungsverwaltung trafen auf den hinhaltenden
Widerstand der Lehrerschaft, die sich mit pädagogischen Argumenten gegen die
vorgezogene Einführung des Fremdsprachenunterrichts wehrte (Heinrich Küppers).
Die Schule für Kunst und Handwerk schließlich entwickelte sich vor allem in den
fünfziger Jahren zur bevorzugten Zielscheibe nur selten sachlich fundierter Kritik
und antifranzösischer Propaganda, die oft nur eine grundsätzliche Ablehnung „mo¬
derner“ Kunst kaschierten. Mittelfristige Erfolge und allgemeine Akzeptanz
erzielten dagegen in erster Linie Einrichtungen wie die Universität, die fran¬
zösische Schule in Saarbrücken und das französische Kulturinstitut. Erst
rückblickend begann man im Saarland, auch den Wert der Kunstpolitik richtig
einzuschätzen. Auf der breiteren Ebene der deutsch-französischen Beziehungen,
die sich seit den frühen fünfziger Jahren nicht mehr einseitig und missionarisch
sondern partnerschaftlich entwickelten, legte diese Form der Kulturpolitik
unentbehrliche und langfristig höchst wirkungsvolle Grundlagen, deren Bedeutung
später beispielsweise im deutsch-französischen Freundschaftsvertrag von 1963
gewürdigt werden sollte.
Zwischen Machtpolitik und europäischer Integration
Auf internationaler Ebene trat der Perspektivenwechsel in der französischen Saar¬
politik zwar anfangs weniger deutlich zutage, war jedoch mittelfristig umso folgen¬
reicher. Seit der Endphase des Krieges stand die französische Politik vor der
schwierigen Aufgabe, zwischen dem in Frankreich deutlich artikulierten Wunsch
nach einer Inbesitznahme der Saar und den Widerständen der anderen Besatzungs¬
mächte gegen ein derartiges Vorgehen zu vermitteln. Da eine reine Annexions¬
politik auch auf der französischen Spitzenebene schon bald keine Unterstützung
mehr fand, sprach - wie bereits geschildert - vieles für eine Verlagerung der Ziele
auf einen wirtschaftlichen Anschluss, wobei die Frage nach der politischen Zukunft
der Saar möglichst lange offengehalten werden sollte.22 Ihre Widerstände gegen
einen Wirtschaftsanschluss hatten die Westalliierten intern schon seit Frühjahr
1946 weitgehend aufgegeben. Auf entschiedene Ablehnung trafen die Pariser Pläne
22 Vgl. die Quellen Nr. 39 u. 49.
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