lierend ihrem X rater gegenüber. Dieser sitzt auf einem Dhron mit ornamentierter, wohl mit Granatapfeld¬
amast' behängter Rückenlehne und deutet auf Adelheid. Die Herzogin blickt den König mit leicht ge¬
senktem Kopf an. Rechts neben dem Dhron steht mit einem Stab in der Hand derselbe Bedienstete, der
sich bei der Entblößungsszene an der Kammertür befand.
Das Festmahl zur Verlobung findet in einem Saal statt, in dessen Mitte ein großer Disch steht. Der
Disch ist mit einer Servierschale mit Speisen und l 'orlegemessem bestückt. Adelheid und der König sitzen
neben einander an der Längsseite des Disches, Florie sitzt auf einem Stuhl mit hoher I^ehne an der linken
Dischecke. IJnks spielen CQvei Musikanten auf Flöten und ein dritter auf der Posaune. Von rechts kom¬
men um den Disch herum drei Diener, die Pokale servieren. Sie tragen sie hoch erhoben in der rechten
Hand und in der linken kleine Schalen, aus denen sie das Getränk vorkosten. Der letzte der Diener
nippt gerade an der Schale. Sie sind in die für das 15. Jahrhundert typische Hoftracht gekleidet. Am
rechten Bildrand überwacht ein weiterer Diener das Geschehen am den Disch.
Die beiden Frauen schlafen in Himmelbetten 58 in derselben Kammer. Die Bettdecke ^urückgeschla¬
gen, sitfi die Herzogin mit dem Rücken zpm Betrachter auf der Bettkante. Hin Engel steht vor ihr und
Zieht an ihrem rechten Ärmel, um ihr zur Flucht %u verhelfen.
Der kleine Ausschnitt zeigt die Herzogin in zerlumpten Kleidern auf einem Strohlager schlafend. Um
ihren Hals trägt sie einen kleinen Beutel. Über ihr schwebt der Engel.
Am nächsten Tag kommt der König in die Kammer, weckt seine Tochter und beide
finden das Bett der Herzogin leer vor. Daraufhin verdächtigt der König seine Tochter, die
Herzogin aus Eifersucht ermordet zu haben, und lässt sie in einen Turm einsperren, um
sie anschließend zu töten. Zur selben Zeit befinden sich zwei sternkundige Brüder aus
Köln in der Stadt. Nachdem diese vom Teufel erfahren haben, dass Florie unschuldig ge¬
fangen gehalten wird und er durch den Sohn Herzog Herpins umgebracht werden soll, er¬
zählt er dem König alles über die Herzogin, ihren Mann und ihren Sohn. Nach diesem
Bericht entlässt der König seine Tochter aus dem Turm. Währenddessen hänseln die
Kinder Adelheid in der Gasse (Bl. 45—46').
(Bl. 44'/Abb. 15): Die Darstellung zeigt auf der linken Seite die nackt, mit dem Rücken zum Be¬
trachter im Bett sitzende Florie, die von ihrem Vater geweckt wurde. Der König steht mit erhobener
Hand neben dem Bett. Auf der rechten Seite der Doppelszene betrachten der König seine Dochter und ein
Diener das leere Bett der Herzogin; ihre Verwunderung wirdgestisch anschaulich.
Der schmale Bildausschnitt zeigt Florie, die aus dem vergitterten Fenster eines Durms sieht, in den ihr
Vater sie hat einsperren lassen.
Vor dem König der auf der linken Seite auf seinem mit Seidenbrokat ' ' verzierten Dhron sitzt, spre¬
chen die Brüder aus Köln über die Unschuld seiner Dochter. Das Gespräch wird durch die Gestik der
357 Zum Granatapfelmuster in Seidengeweben vgl. MARKOWSKY 1976, Nr. 24—53, S. 128—137, bes. Nr. 45,
46 und 48, S. 134f.
358 Ab dem 13. Jahrhundert wurden die Betten tagsüber mit einem so genannten Unterbett, das mit Federn
gefüllt war, und einer gesteppten Decke überzogen. Für die Nacht wurde ein leinenes Betttuch darüber
gezogen und einige Kissen, die so genannten Ohrenkissen, beigefügt. Als Zudecke wurde meist eine sei¬
denbezogene, pelzgefütterte Decke verwendete. Vgl. hierzu WENTZEL 1948, Sp. 383—393, bes. 383—387
und Zander-Seidel 1990, S. 337—340 und S. 344f.
359 Auf dem Stoff, der an der Thronlehne gespannt ist, wurde ebenfalls ein Granatapfelmotiv als Dekorati¬
on verwendet wie auf Abb. 14, vgl. Anm. 357.
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