steht der Abt in liturgischen Gewändern vor dem Altar; die Hände gur Wandlung erhoben. Ihm assis¬
tiert Herpin mit einer Kerge. Die S^ene der Messe ist durch dichte Büsche getrennt von der Kampf.i^ene,
die in der rechten Bildhälfte angelegt wurde. Im Hintergrund ragt ein großes Bauwerk mit Dreifenster¬
gruppe auf, das möglicherweise das nahe Rom darstellen soll. Im Vordergrund holt Herpin weit über sei¬
nem Kopf mit einem höfernen Knüppel aus, um die Heiden zp erschlagen. Hinter ihm auf dem Boden
liegt der ermordete Abt mit gespaltenem Kopf. Zu Herpins Füßen befinden sich bereits fpvei getötete Hei¬
den. Die beiden noch lebenden haben ihre Krummsäbel %um Angriff gezogen. Die Dynamik der Kampfs-
gene ist durch die angeschnittenen Heiden am rechten Rand verstärkt. Die Heiden sind von den Christen
besonders eindeutig zp unterscheiden: Ihre Gesichtsfiige sind durch einen langen Bart und eine große Nase
charakterisiert, sie tragen Turbane oder spitze Hüte und sind ausschließlich mit Krummsäbeln oder klei¬
nen Dolchen bewaffnet.
In Rom kämpft das päpstliche Heer unter Gadiffer von Savoyen gegen die heidnischen
Belagerer. Als Herpin den Kampf erreicht, beteiligt er sich an diesem unerkannt. Er
kämpft erfolgreich, bis die Heiden ihn einkreisen und sein Pferd erschlagen. Als Gadiffer
das sieht, befiehlt er seinen Männern, dem unbekannten Kämpfer zur Seite zu stehen. Die
Heiden sammeln sich ein weiteres Mal zum Angriff, doch die Römer schlagen sie zurück
und Herpin tötet den heidnischen Anführer, den König von Palermo, und rettet somit die
Römer (Bl. 48-51').348
(Bl. 47r/Abb. 17): Der Bildstreifen ist in gwei Segmente geteilt. Links ist das heidnische Heer mit
einem Banner, auf dem ein Halbmond und Stern gu sehen sind, vor den Mauern Roms dargestellt. Die
Heiden stehen vor dem Wassergraben, der die Stadtmauer umgibt. Rechts ist dargestellt, wie Herzog
Herpin gewappnet in die Stadt Rom reitet.
In der Bildmitte steht der gewappnete Herpin und holt mit dem Schwert weit aus, um den zwischen
Pferden am Boden liegenden heidnischen Anführer zp töten. Dieser ist durch seinen gespaltenen Bart und
seine besondere Rüstung, bei der der Brustpawger und die Ärmel geschuppt oder beschildet sind, gekenn¬
zeichnet. Die besonderen Kennzeichen der Heiden sind die spitz ^plaufenden türkischen Sturmhauben mit
seitlichen Scheiben. Die christlichen Kämpfer sind erkennbar durch Schaller mit Sehschlitz die weit nach
hinten in den Nacken gezogen werden ff Bewaffnet sind sie meist mit Schwertern oder mit Stechlanzen.
Der Zeichner stellte die Kampfizene äußerst lebendig dar: Links galoppieren römische Krieger auf
den Kampf zu, im Hintergrund verschwinden herrenlose Pferde und in der rechten Bildecke reiten zwei
Krieger aufeinander los. Der Miniator erzielte eine hohe Lebendigkeit und Räumlichkeit der Szene, in¬
dem er viel mit Überschneidungen und Anschnitte, besonders der Kämpfer an den Bildrändem, arbeitete.
Auch im unteren Bildstreifen wird eine Kampfizene gezeigt) in der die Heiden zhm letzten Angriff
stürmen. Jeweils drei Kämpfer reiten aufeinander los und in der Mitte prallen deren Lanzen aufeinander.
Zwei der Heiden sind schon getroffen und der Dritte dreht sein Pferd herum, um zp fliehen.
Nach dem Kampf kehren die Römer und Herpin zurück in die Stadt. Als der Papst den
tapfer kämpfenden Herzog empfangt, erzählt dieser ihm seine schicksalshafte Geschichte.
Daraufhin nimmt der Papst ihn in sein Gefolge auf und überreicht ihm zum Dank für
seine Tapferkeit einen Ring. Gadiffer, von Neid getrieben, heckt eine Intrige aus: Er lädt
348 Zum Kampf Herzog Herpins gegen die Heiden vgl. GAEBEL 2002, S. 160.
349 Zu den Haartrachten, Kostümen und Rüstungen vgl. unten Kapitel 5., S. 113—123.
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