Full text: Die Berliner Herpin-Handschrift in der Staatsbibliothek zu Berlin (Ms. Germ. Fol. 464)

ren Relevanz für die Erzählung kenntlich zu machen. Die Kapitelanfänge sind nicht durch 
Tituli, sondern durch Fleuronneinitialen und durch die häufig rot unterstrichenen An¬ 
fangszeilen markiert. Die Initialen sind blau und rot koloriert, vielfach überwiegt eine der 
beiden Farben. Allerdings wurden sie nur bis Bl. 56r und auf den Blättern 156r, 159r, 161', 
167r, 183r, 186r und 191' nur in vereinfachter Form ausgeführt. Anhand der unfertigen 
Initialen ist zu vermuten, dass der Schreiber zuerst den Text fertig geschrieben haben 
muss, denn für die Initialen ist an den jeweiligen Kapitelanfängen eine Leerstelle von vier 
bis fünf Textzeilen freigelassen worden. ' Die unterschiedlich fertig gestellten Arbeits¬ 
prozesse von Schreibertätigkeit, Rubrikation und Illustration deuten darauf hin, dass die 
Handschrift in Arbeitsteilung hergestellt wurde. '“ Zu Beginn fertigte der Schreiber das 
textliche Grundgerüst, in dem die Disposition zwischen Text und Bild schon festgelegt 
worden ist. Da die Initialen und die rötlichen Verstärkungen der Großbuchstaben vor den 
Illustrationen abbrechen, kann davon ausgegangen werden, dass der Zeichner und der 
Rubrikator lagenweise die Handschrift dekorierten. An den Seitenrändern stehen häufig 
mit Bleistift geschriebene Marginalien, die schwer leserliche mittelhochdeutsche Worte 
des Textes zum Teil übersetzen und entziffern. Die zu einem späteren Zeitpunkt hinzuge¬ 
fügten Eintragungen könnten von Karl Simrock stammen, der den Berliner ,Herpin4 als 
Grundlage für seine 1868 edierte, neuhochdeutsche Übersetzung benutzte. 
Mehrfach ist der Text unterbrochen, um Platz zu lassen für die möglicherweise 174 ge¬ 
planten Illustrationen, die vor den zu bebildernden Kapiteln stehen und deren Inhalt op¬ 
tisch vorwegnehmen. Einige Miniaturen sind en bloc zwischen lange Kapitel geschaltet, 
besonders dann, wenn innerhalb eines Kapitels eine neue Erzählhandlung einsetzt.Die 
Illustrationen sind größtenteils mit einem dünnen, braunen Rahmen umfasst, der dieselbe 
Größe wie der Schriftspiegel aufweist. In den ersten Kapiteln bleibt die Recto- oder Ver¬ 
soseite einer ganzseitigen Miniatur häufig leer. Auffallend in der gesamten Handschrift ist 
die Anordnung der 188 ausgeführten Einzelszenen auf die 90 Bildfelder. Die ganzseitigen 
Miniaturen sind meist in zwei oder mehrere Bildfelder unterteilt. 2' Die häufigsten Varian¬ 
ten sind die Teilungen eines ganzseitigen Bildfeldes in unterschiedliche Einzelbilder: Die 
Teilung in zwei oder drei waagrechte Zonen, in vier gleich große oder vier ungleiche Seg¬ 
mente und in zwei waagrechte Zonen, bei denen entweder die obere oder untere Zone 
nochmals in der Mitte senkrecht geteilt ist. Die 37 halbseitigen, häufig nicht unterteilten 
Bildfelder sind oberhalb oder unterhalb des Textes positioniert."0 
326 Die Leerstellen sind auf den folgenden Blättern zu finden: 65r, 101v, 110r, 119v, 120v, 125v, 136v, 140r, 
141r, 143v, 146v, 202r, 207v, 209v, 211*, 213r, 215\ 222r, 227r, 238r, 243v, 252r, 260r, 280r, 284r, 294r, 310r, 
311*, 319V, 321*, 324r, 335\ 342r, 343r, 348r, 352*, 356r, 364r, 370*, 376*, 388r, 397r, 405*, 412*, 423*, 436*, 
441v, 445v. Nachträglich wurde in einige Leerstellen mit Bleistift der jeweilige Initialbuchstabe einge¬ 
schrieben. 
327 Zur Arbeitsteilung der Skriptorien vgl. FASBENDER 2002, S. 110, SAURMA-jELTSCH 1994a, S. 101—104. 
328 In den folgenden Kapiteln ist der Text durch jeweils drei Bilderfolgen unterteilt: Kapitel XVIII 
(1. Sequenz Bl. 62*-64*; 2. Bl. 87r+v; 3. Folge Bl. 92r+v) und Kapitel XXXII (1. Folge Bl. 165*-167r; 2. 
Folge B1.173r+V; 3. Sequenz Bl. 178r). 
329 Es gibt in den ausgeführten Illustrationen nur drei ganzseitige Bildfelder ohne Unterteilung. Auf den 
Blättern 121v, 189v und 206r. 
330 Insgesamt 18 halbseitige Bildfelder sind unterhalb des Textes und 19 oberhalb des Textes eingefügt. 
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