log zur französischen Vorlage betitelte Elisabeth ihre Übersetzung mit „Lewenbuch VOn
Burges in Berrye“.
Die Adaption des Herpin ist in drei Codices überliefert: Der so genannte Heidelberger
Herpin ist in der Universitätsbibliothek Heidelberg unter der Signatur Cod. Pal. germ. 152
aufbewahrt. Diese Papierhandschrift, datiert um 1475, besitzt die kürzeste Textversion
und das umfangreichste Bildprogramm. 14 Die Handschrift befand sich im 15. Jahrhundert
im Besitz der Pfalzgräfin Margarethes von Savoyen (f 1479), deren Wappen (Rotes Kreuz
auf weißem Grund) in der D-Initiale auf Fol. 85x zu sehen ist. Es ist anzunehmen, dass sie
die Anfertigung des Codex in Auftrag gabT^ Die Handschrift gelangte vermutlich später
über ihren Sohn, Kurfürst Philipp den Aufrichtigen (seit 1476), in die pfalzgräfliche Bibli¬
othek in Heidelberg, in deren Katalog sie 1556/7 erstmals erwähnt wurde.“"'’ Die 260 ko¬
lorierten Federzeichnungen stammen aus der Stuttgarter Werkstatt Ludwig Henfflins."
Die Illustrationen weisen stilistisch keine Beziehung zu den Miniaturen der beiden ande¬
ren Handschriften auf. Möglicherweise wurden sie eigens für den ,Herpin4 konzipiert,
doch müsste der Zeichner in diesem Fall Textkenntnis besessen haben, denn die Illustra¬
tionen stechen durch ihre durchdachten und in sich geschlossenen Kompositionen her¬
aus. Indem einige Szenen nicht dargestellt wurden, vermitteln die Zeichnungen eine eige¬
ne Deutung. So wurde der Seitensprung Lewes in den Miniaturen gänzlich ausgelassen
und der aus ihm entstammende Gerhard von Kalaber erst als erwachsener Mann in das
Bildgeschehen eingeführt. Das Bildprogramm wurde so angelegt, dass das Schlussbild, an¬
ders als der Text, einen guten Ausgang suggeriert: Als Abschlussillustration ist die Verei¬
nigung Ölbaums mit seiner Frau Fröhlich und die Wunderheilung durch den Papst darge¬
stellt. Das Bildprogramm vermittelt damit den Eindruck eines positiven Erzählausgangs,
obwohl alle Söhne Lewes sterben. Wahrscheinlich kam das Erstlingswerk Elisabeths als
Gabe verwandtschaftlicher Verbundenheit Anfang der fünfziger Jahre des 15. Jahrhun¬
derts in die Bibliothek der Pfalzgräfin Mechthild/'ls denn Herrmann von Sachsenheim
spielt in seinen beiden Werken ,Sleigertüchlein4 und ,Des Spiegels abenteuer4 auf den
,Herpin‘ an.209 Somit kannte der von Mechthild geförderte Herrmann von Sachsenheim
den Herpin-Roman ihrer Bibliothek, wie auch Püterich von Reichertshausen, der in sei¬
nem Ehrenbrief an die Pfalzgräfin den ,Herpin4 in ihrer Sammlung erwähnte.“ 1
204 Zur Handschrift vgl. WEGENER 1927, S. 81-83; WERNER 1975, S. 96—99, Nr. 29 und insbesondere VON
BLOH 1990 und Volltextdigitalisierung unter http://digi.ub.uni-heidelberg.de/Cod. pal. germ. 152. Zum
literarischen Leben am kurpfälzischen Hof BACKES 1992 und zum Bildprogramm siehe Anhang I.
205 von Bloh 1990, S. 11.
206 von Bloh 1990, S. 46 und Zimmermann 1999, S. 16f.
207 In der Heidelberger Universitätsbibliothek sind weitere Handschriften aufbewahrt, die der Henfflin
Werkstatt zugeschrieben werden können: Ein Altes Testament mit 300 Miniaturen (Cod. pal. germ. 16,
17, 18); den mit Henfflin signierten ,Sigenot‘ mit über 100 Illustrationen (Cod. pal. germ. 67), ,Pontus
und Sidonia* (Cod. pal. germ. 142), ,Wittich vom Jordan4 (Cod. pal. germ. 353) und den ,Lohengrin£ mit
98 Miniaturen (Cod. pal. germ. 345).
208 Liepe 1920, S. 50 und Haubrichs 1991, S. 18.
209 Haubrichs 1991, S. 18f. und Liepe 1920, S. 23.
210 Liepe 1920, S. 23; Müller 1905, S. 2; Haubrichs 1991, S. 19; Steinhoff 21980b, Sp. 484.
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