Full text: Die Berliner Herpin-Handschrift in der Staatsbibliothek zu Berlin (Ms. Germ. Fol. 464)

sons-de-geste in Prosa aufgelöst, im Wesentlichen die mit Artusthematik.1*1 Der tatsächli¬ 
che Höhepunkt der Chansons-de-geste-Adaptionen wurde freilich erst in der Mitte des 
15. Jahrhunderts erreicht. 
Die Geschichte der deutschsprachigen Prosa begann mit frühen didaktischen und geist¬ 
lichen Themen1*2, die in den Predigten Bertholds von Regensburg und der Mystiker des 
13. und 14. Jahrhunderts breiten Ausdruck fanden.1*1 Seit dem 13. Jahrhundert kam juris¬ 
tische und erste historiographische Prosa auf, ab dem 14. Jahrhundert didaktische Litera¬ 
tur.1 *4 Dem französischen Lancelot-Roman des 1. Viertels des 13. Jahrhunderts entsprach 
eine in dasselbe Jahrhundert zu datierende deutsche Prosaversion, die jedoch keine Vor¬ 
bildwirkung entfaltete.1** Eine Zwischenstufe bildeten die Übertragungen der Reimchro¬ 
niken in Prosa, die es seit dem 13. Jahrhundert gab; die sich aber von der reinen Unterhal¬ 
tung durch ihre didaktische Absicht unterschieden.1** Den Übergang zur weltlichen Un¬ 
terhaltungsprosa schufen auch mit geistlich-moralischer Erläuterung versehene Geschich¬ 
tensammlungen der ,Gesta RomanorunT und der ,Sieben weisen Meister', beide aus latei¬ 
nischen Vorlagen übersetzt.1* 
Erst in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts wurden Romane aus der Versform in 
Prosa übersetzt und so im deutschen Sprachraum etabliert.1** Allerdings gab es schon 
vorher im Niederdeutschen eine Prosaauflösung des ,Girart de Roussillon', die etwa um 
1400 niedergeschrieben wurde.1** Sogar bereits aus dem 13. Jahrhundert sind einige Pro¬ 
saadaptionen bekannt wie der erwähnte ,Lanzelot' und eine mittelniederdeutsche Version 
des ,Crane' von Berthold von Holle,1*11 doch erst im 15. Jahrhundert lässt sich eine fort¬ 
dauernde Entwicklung ablesen. Immer mehr behauptet sich nun die Volkssprache selb¬ 
ständig neben dem Latein. So veranlasste Eleonore von Schottland1*1 etwa zwanzig Jahre 
nach den Prosaromanen Elisabeths (um 1460) am Innsbrucker Hof den volkssprachigen 
Roman ,Pontus und Sidonia' (Version A).1*2 Da Herzogin Eleonore wie Elisabeth mit der 
Pfalzgräfin Mechthild von Rottenburg1 b gleiche literarische Interessen teilten und enge 
181 LlEPE 1920, S. 29f. Zum Beispiel der Roman ,Pontus und Sidonia4 zwischen 1449 und 1465. 
182 Vor allem Predigtmärlein aus dem 13. Jahrhundert, ab dem 14. Jahrhundert zunehmend Erbauungslitera¬ 
tur, Herrmann von Fritzlars ,das buch von der heiligen lebine4, vgl. hierzu SCHNELL 1984, S. 232. 
183 Roloff 1970, S. lllf. und LIEFE 1920, S. 33. 
184 Liepe 1920, S. 33 und Roloff 1970, S. 112. 
185 Roloff 1970, S. 7 und 110; Liepe 1920, S. 34. 
186 Liefe 1920, S. 34. 
187 Roloff 1970, S. 112 und Liepe 1920, S. 35f. 
188 Liepe 1922, S. 13 und Straub 1974, S. 25. 
189 LlEPE 1920, S. 37, Anm. 1 und S. 45: Nur noch wenige Fragmente erhalten. 
190 Roloff 1970, S. 7f., Anm. 21. 
191 Seit 1449 war die Tochter Jakobs I. von Schottland die Gemahlin Sigmunds von Tirol und Vorderöster¬ 
reich, vgl. Mackensen 1933, Sp. 543-547 und Steinhoff 21980a, Sp. 470-473; Zaenker 2004b, 
S. 298f.; zur literarischen Beschäftigung zusammenfassend LlBERTZ-GRÜN 1988, S. 59f. 
192 Vgl. hierzu Liepe 1920, S. 26 und 50f.; Volkelt 1956/57, S. 42. 
193 Zu Mechthilds Hofhaltung und ihrem Literatenzirkel vgl. STROHSCHNEIDER 1986, S. 32-50, bes. 42—45; 
auch BECKE.R 1977, S. 200f. Zu den geförderten Literaten gehörten unter anderem Anton von Pforr, der 
als Berater der Erzherzogin und als Kirchenherr in Rottenburg tätig war, Püterich von Reichertshausen, 
Niklas von Wyle, der allerdings nur für besondere Aufgaben an den Hof Mechthilds kam und haupt- 
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