Full text: Die Berliner Herpin-Handschrift in der Staatsbibliothek zu Berlin (Ms. Germ. Fol. 464) (48)

Nürnberger Werkstatt um Wolgemut und seinen Stiefsohn Wilhelm Pleydenwurff sowie 
eine motivische Verbindung der frühen Zeichnungen und Druckarbeiten Dürers mit den 
Illustrationen der Herpin-Handschrift. 
Inwieweit der Herpin-Meister Künstler aus dem mittelrheinischen Gebieten kannte, ist 
nicht eindeutig zu beurteilen, aber er muss Motive aus dem Umkreis des Hausbuchmeis¬ 
ters gekannt haben. Einige Sujets, besonders der Genreszenen aus dem Hausbuch von 
Waldburg-Wolfegg, kopierte der Zeichner für die Berliner Handschrift. 
Die motivischen Details wurden in den Herpin-Zeichnungen paraphrasiert, so etwa das 
Sujet der neben der Festtafel spielenden Musikanten, die häufig mit zwei Flöten und einer 
(Abb. 14 und 32) oder drei Posaunen wiedergegeben wurden (Abb. 31).718 Im Hausbuch 
zeichnete der Illustrator auf der Darstellung des Sol die Musikanten ebenfalls nebeneinan¬ 
der auf einer Posaune und zwei Flöten spielend vor zwei Liebespaaren. Auf der Darstel¬ 
lung des Heereszugs ist eine Gruppe von Reitern den Zug anführend wiedergegeben, un¬ 
ter denen eine Reiterfigur Balduin von Monclin (Abb. 6) ähnelt. 19 Am Ende des Zuges ist 
ein weiterer Reiter mit Posaune in einer vergleichbaren Haltung dargestellt.720 Ebenso auf 
dem Blatt mit der Illustration zum Planeten Mars, dort wurde die Haltung für den Reiter 
mit der Fackel paraphrasiert. 21 Der Zeichner der Herpin-Miniaturen variierte einen Reiter 
mit Lanze oberhalb der vorreitenden Gruppe und die mit Lanzen gewappnete Reiter¬ 
gruppe am Ende des Zuges 22 (Abb. 22). Der junge Lewe, der von der Jagd mit Greifvögel 
und Hunden heimkehrt (Abb. 10), und die Kupferstiche Der Auszug %ur Jagd 12 — im selben 
Zeitraum wie die Handschrift entstanden — gehen vermutlich auf eine gemeinsame Vorla¬ 
ge zurück: Die adlige Gesellschaft junger Männer und Frauen reitet mit den Hunden und 
zwei Falken zur Jagd. Im Hintergrund flieht der Hirsch bereits in den nahen Wald. Be¬ 
sonders die von unterschiedlichen Hunderassen umgebenen kleinen Pferde mit kurzer 
Mähne und winzigen Ohren sind verwandt, wie auch die jungen Männer auf beiden Wer¬ 
ken eine ähnliche Physiognomie und modische Bekleidung aufweisen. Allerdings ist die 
naturgetreue Wiedergabe auf den Stichen des Hausbuchmeisters nicht in den stilisierten 
Zeichnungen des Herpin-Meisters zu finden. 
Die Motive sind miteinander vergleichbar, doch die hölzern wirkenden Figurentypen 
der Genreszenen aus dem Hausbuch entsprechen nicht denen aus der Herpin-Hand¬ 
schrift. 
Das künstlerische Umfeld des Herpin-Meisters zeigt, in welchem Maße er seinen The¬ 
menschatz durch Adaption und Variation angereichert hat. Leider lässt er sich mit keinem 
Namen in Verbindung bringen, allerdings ist das künstlerische Umfeld, besonders das 
718 Storck 1910, S. 346. 
719 Hierzu siehe oben Kapitel 7.4., S. 148 und Anm. 645. Zur Abbildung AüSST.Kat. HAUSBUCH-MEISTER, 
S. 220. 
720 Fol. 52r; Abbildung in AÜSST.KAT. HAUSBUCHMEISTER, S. 221. 
721 Fol. 13r; Abbildung in AÜSST.KAT. HAUSBUCHMEISTER, S. 210. 
722 Fol. 51v—52r; Abb. AÜSST.KAT. HAUSBUCHMEISTER, S. 220f. 
723 Zwei Kupferstichexemplare: Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Sammlung van Leyden, Port. 20; Nr. 85: 
Blatt 22 sowie Berlin, Staatliche Museen Preußischer Kulturbesitz, Kupferstichkabinett, Inv.Nr. 320—1; 
Abbildungen IN AÜSST.KAT. HAUSBUCHMEISTER, Kat.Nr. 72, S. 153. 
724 Ausst.Kat. Hausbuchmeister , S. 55. 
155
	        
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