Full text: Die Berliner Herpin-Handschrift in der Staatsbibliothek zu Berlin (Ms. Germ. Fol. 464)

kultur, bevorzugt in der profanen, an Gleichberechtigung.4" 
Der Text des ,Herpin4 wird als ein Werk betrachtet, das im höfischen Umkreis von Eli¬ 
sabeth von Lothringen, Gräfin von Nassau-Saarbrücken entstanden ist. In der Literatur¬ 
wissenschaft beachtet werden ihre literarischen Bemühungen seit dem frühen 19. Jahr¬ 
hundert. In der kunsthistorischen Forschung wurden bislang nur wenige der illustrierten 
Handschriften ihres Übersetzungswerks untersucht, hier bestehen noch einige Desiderate. 
Erstmals übertrug Friedrich von Schlegel 1804/1805 den Text ,Loher und Maller4 in ge¬ 
kürzter und bearbeiteter Fassung4 und Karl Simrock übersetzte den vollständigen Text 
eines Straßburger Drucks derselben Geschichte um 1868 in neuhochdeutsche Sprache. In 
der Einleitung vermutete er, dass auch die Geschichte um Herzog Herpin von Elisabeth 
stamme, die er ebenfalls, wie auch den ,Huge Scheppel4, in der von ihm herausgegebenen 
Reihe der ,Volksbücher4 publiziert hatte.4 
Grundlegend für die Forschungsgeschichte zu den vier Prosaübersetzungen aus dem 
Französischen (,Herpin4, ,Sibiile4, ,Loher und Maller4, ,Huge Scheppel4), die zuerst in drei 
heute in Hamburg und Wolfenbüttel liegenden, einheitlich 1455/56 oder bald danach im 
Auftrag von Elisabeths Sohn Johann III. von Nassau-Saarbrücken entstandenen Hand¬ 
schriften überliefert sind,4 ' ist die Monographie Wolfgang Liepes, die 1920 als Habilitati¬ 
onsschrift in Halle erschienen ist.40 44 51 Erst seine literarische Stilanalyse konnte den Beweis 
für die Zusammengehörigkeit aller vier übersetzten Epen erbringen. Zwar wurde Elisa¬ 
beth in den Werken zur deutschen Literaturgeschichte durchweg miteinbezogen,4" doch 
ließ die Edidonslage der Forschung wenig Möglichkeiten, denn nur die Hamburger Huge 
Scheppel-Handschrift, die deutsche Adaption der französischen Chanson-de-geste von 
,Hugues Capet4 4,1 lag seit 1905 durch Hermann Urtel in einer Faksimüe-Ausgabe vor.4 
Für den so genannten ,Herpin4, das ,Lewenbuch von Burges in Berrye4,4s die Übertragung 
der im 14. Jahrhundert entstandenen Chanson-de-geste von ,Lion de Bourges449 musste 
man bis vor kurzem immer noch, wie auch für die Übersetzung des Romans ,Loher und 
Maller4, auf die Bearbeitung und Übersetzung Simrocks aus dem späten 19. Jahrhundert 
zurückgreifen.111 Eine Gesamtedition von Hans Gerd Roloff ist seit 1972 angekündigt/1 
40 Schnell 1984, S. 231. 
41 Schlegel 1804/1805, S. 377-452. 
42 Simrock 1868, Loher und Maller. Vgl. LlEPE 1920, S. 84. 
43 Herrmann 2002, S. 120f. 
44 LlEPE 1920; ferner LIEPE 1922, S. 145—161; Wiederabdruck in: LlEPE 1963, S. 9-28. Vgl. zur For¬ 
schungsgeschichte Haubrichs 2002, S. 17—40. 
45 Vgl. hierzu: Heitz/Ritter 1924, S. 73-76, 93f., 218; MÜLLER 1927, S. 74-76; VOGT/KOCH 51934, 
S. 228f.; EHRISMANN 1922, S. 510-512; RUPPRICH 1970, S. 74-76 und S. 738. 
46 Vgl. hierzu die kritische Ausgabe der französischen Version: LABORDERIE 1997. 
4 URTEL 1905. Zur deutschen Prosafassung des ,Sibille£-Romans siehe TlFZvlANN 1977. 
48 Steinhoff 21980b, Sp. 482-488. 
49 Vgl. die kritische französische Ausgabe von KlBLER/PlCHERlT/FENSTER 1980. Es gibt ebenfalls eine 
Onlineversion des ,Lion de Bourges' mit englischen Zusammenfassungen der Kapitel: 
http://margot.uwaterloo.ca/chansons/lion/folios/foliol-10.html (zuletzt aufgerufen am 03.08.2012 um 
19:41 Uhr). 
50 Schon Liepe weist auf die problematische Übersetzungen Simrocks hin, vgl. LlEPE 1920, S. VII. 
51 Angekündigt bei BRANDTS 1972, S. 46-48. 
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