Kommentar
Von den Tagelöhnern, die man zur Verrichtung einfacherer Arbeiten benötigte, die
nicht durch Frondienste abgedeckt werden könnten, sind die Gewerke von fachlich
ausgebildeten Handwerkern zu unterscheiden, die mit dem Auftraggeber einen
Werklohn für eine meist größere, mehrere Tage oder Wochen beanspruchende
Arbeitsleistung vereinbarten, zum Beispiel die Erneuerung eines Turmhelms oder
die Reparatur einer Uhr auf Burg Kirkell49S. Hier brachten die Handwerker ihre
Handlanger selbst mit oder diese wurden ihnen aus Fronarbeitern oder Taglöhnern
zur Verfügung gestellt. Ganz offensichtlich gab es im Saarpfalzraum nicht nur in
Städten, sondern auch auf dem Lande bereits im späten Mittelalter ein leistungsfä¬
higes Handwerk. Maurer und Zimmerleute, Wagner, Schmiede, Schlosser und
Gerber wurden in der Regel aus den umliegenden Dörfern der Herrschaft mit lan¬
desherrlichen Aufträgen betraut. Für etwas speziellere Aufgaben fand man das
Fachpersonal meist in etwas weiter entlegenen Dörfern und Städten der zum Her¬
zogtum gehörigen Grafschaft Veldenz. Der Keller zu Kirkel war wohl angewiesen,
möglichst auf Facharbeiter und materielle Ressourcen (Mühlsteine, Wein) aus dem
eigenen Territorium zurückzugreifen. Diese Annahme würde erklären, warum fast
keine Handwerker aus benachbarten Territorien in den Kirkeler Rechnungen auf¬
tauchen.
Beim Lohn gab es große Unterschiede: am schlechtesten bezahlt waren mit 4 Pfen¬
nig pro Tag die Frauen, die in den herrschaftlichen Gärten um die Burg Unkraut
jäteten und andere Gartenarbeiten leisteten. Ungelernte Arbeiter erhielten 6 bis 8
Pfennige, am besten bezahlt wurden Maurer und Zimmerleute mit 12 bis 18 Pfen¬
nig pro Tag. Dazu kam in der Regel die Verköstigung in der Burg; durch die Aufli¬
stung der Anzahl von Kostgängern in der vierzehntägig notierten Brot- bzw. Korn¬
verbrauchsrechnung läßt sich in günstigen Fällen die Dauer bestimmter Arbeiten
ermitteln. Ein besonders schönes Beispiel hierfür sind die notwendigen Ausbesse¬
rungen nach dem Brand in der Burg im Frühjahr 1486, die sich bis in den Herbst
hinzogen.
Über die Lebens- und Wirtschaftsverhältnisse der Einwohner der Kellerei Kirkel
erfahren wir aus den Kellereirechnungen naturgemäß nur dann etwas, wenn diese
in Beziehung zum herzoglichen Keller treten. Darüber hinaus gibt aber das Zins¬
buch Aufschluß über den Grundbesitz der einzelnen Familien und dadurch auch
zum Teil über ihre Vermögensverhältnisse.
Die in den Rechnungen auftauchenden Personennamen bestehen vielfach noch aus
dem bloßen Vornamen; meist wird dieser aber durch Beifügung von Berufsbe¬
zeichnungen, Herkunftsangaben (von Rohrbach, Frankfurt, der wale), Patronymen
oder Übernamen ergänzt, ln vielen Fällen läßt sich nicht ohne weiteres entschei¬
den, ob es sich bereits um einen festen Familiennamen handelt. Der Prozeß der
Namensentwicklung der Landbevölkerung in der Kellerei Kirkel bedarf der weite¬
ren Untersuchung anhand des umfangreichen dargebotenen Materials. Der Großteil
der spätmittelalterlichen Familiennamen in der Region dürfte mit dem Dreißigjäh-
Vgl. Gleba/Eberhardt, Summa Summarum, S. 27-32 (über Bauprojekte) und 36-37
(über Arbeitslöhne).
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