losen sozialdemokratischen Führer“ gebrandmarkt hatte. 91 Seit Spätherbst 1934 wurde
der Einheitsfrontgedanke auch auf die Gewerkschaften übertragen, indem DMV und
RGO kooperierten. Daneben gründete der Sozialdemokrat Karl Schneider das partei-
übergreifende Initiativkomitee aller Hitlergegner lind Friedensfreunde, welches 1934 zu
einer Kundgebung in den Neunkircher Saalbau lud, bei der unter anderem der kommu¬
nistische Schriftsteller Erich Weinert sprach. 92 Zum zweiten wurden in Neunkirchen
zahlreiche Emigranten der Arbeiterbewegung aufgenommen. Im Volkshaus und an an¬
deren Orten in und um Neunkirchen, unter anderem auch in den Privatwohnungen ei¬
niger Funktionäre, wurden mehrere hundert Personen untergebracht. 93 Man versprach
sich sicherlich auch, vom Know-how der im politischen Kampf geschulten Emigran¬
ten zu profitieren. Schließlich wurden in Neunkirchen zahlreiche Versammlungen und
Kundgebungen der saarländischen Einheitsfront abgehalten. Erwähnung fand bereits
der Rote Sportaufmarsch am 6. Mai 1934, zu dem sich laut Arbeiterzeitung 10.000 An¬
hänger der Arbeiterparteien einfanden. Max Braun, der führende Kopf der Sozialdemo¬
kraten im Saargebiet, sprach zwischen 1933 und 1935 gleich mehrfach in Neunkirchen,
zum Teil vor mehreren Tausend Zuhörern. 94 Daneben warben auch externe Vertreter
vor Ort für die Einheitsfront, so etwa Hanns Eisler Anfang 1934. Eisler sprach im Volks¬
haus vor mehr als 800 Zuhörern. 95
Um sich vor Übergriffen durch die paramilitärischen Verbände der Deutschen Front
zu schützen und die eigenen Veranstaltungen abzuschirmen, wurde im März 1933 aus den
Reihen der Sozialdemokratie der Sozialistische Schutzbund (SSB) ins Leben gerufen. Die
rund 200 Mitglieder zählende Organisation zeigte erstmals bei einer Kundgebung in
Neunkirchen, am 27. August 1933, Präsenz. Die paramilitärischen Vereinigungen waren
in der Endphase der Weimarer Republik ein konstitutives Merkmal der politischen Kul¬
tur und wurden nun auch im Saargebiet und in Neunkirchen Teil der politischen Kultur.
Der SSB trat neben die bereits bestehenden und in Neunkirchen aktiven Formationen
des Roten Frontkämpferbundes, der SA oder des Reichsbanners, das, obschon ebenfalls
sozialdemokratischer Provenienz, nicht mit dem SSB gleichzusetzen ist. Wie alle anderen
Organisationen dieser Art waren die SSB-Einheiten uniformiert: Die SSB-Männer wa¬
ren in grüne Hemden, schwarze Hosen und Schaftstiefel gekleidet. 96
91 Siehe noch einmal die Berichterstattung zum 1. Mai in Neunkirchen in der Arbeiterzeitung vom
3. Mai 1918.
92 Vgl. Ebenau 1990, S. 98 h; außerdem Jung, Georg: Geschichte der Arbeiterbewegung. Kämpfe
für soziale Demokratie und Verteilungsgerechtigkeit. 3. Teil, in: es Heftche, August 2005, S.92ff,
hier S. 92.
91 Vgl. Ebenau 1990, S. 96-100; außerdem 40 Jahre SPD Ortsverein Neunkirchen-Zoo, S. 19; Jung
2005,3. Teil, S. 92; Paul/Mallmann 1995, S. 206.
794 Vgl. Paul/Mallmann 1995, S. 211.
95 Zum Auftritt Hanns Eislers im Neunkircher Volkshaus vgl. Schock (Hrsg.) 1984, S. 41 ff. Außer¬
dem Berichterstattung in der Arbeiterzeitung, 24. Januar 1934.
796 Vgl. Paul/Mallmann 1995, S. 215.
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