Dies ist wohl auch mit dem Verschwinden der Freien Volkspartei beziehungsweise
mit ihrem Aufgehen in der Arbeiterpartei zu erklären. Der eng an den Gewerkschaften
angelehnte Kurs der neuen Partei vermochte die aus Gewerkschaftskreisen stammenden
Anhänger der Volkspartei anzubinden.64 Die Arbeiterpartei konnte nun in Düdelingen
feste Wurzeln schlagen. Sie war im lokalen Schöffenrat vertreten und stellte bisweilen
auch den Bürgermeister.* 648
Es liegen keine Mitgliederzahlen speziell für Düdelingen vor. Rückschlüsse über die
Größe der Ortsgruppe lassen sich dennoch über die Anzahl der Mandate auf den Partei¬
tagen ziehen. 19x6 stellte die Diidelinger Ortsgruppe 6 von 40 Delegierten. Ben Fayot
geht davon aus, dass vier Delegierte einer Mitgliederzahl von 80 bis 100 entsprechen.649
Das hieße also, die Düdelinger Ortsgruppe hätte zu diesem Zeitpunkt 110 bis 150 Mitglie¬
der gezählt. 1930 stellte die Ortsgruppe elf von nunmehr 59 Delegierten. Fayots Schlüssel
zufolge hätte sie damit zwischen 210 und 275 Mitglieder umfasst. Die größte Ortsgruppe
stellte gemessen an den Parteitagsmandaten die Kantonshauptstadt Esch.650
Auch wenn diese Zahlen nur den Charakter von Näherungswerten haben und damit
keinen Anspruch auf exakte Abbildung der tatsächlichen Verhältnisse erheben können,
so zeigen sie doch, dass die parteipolitische Organisation der Düdelinger Industriearbei-
terschaft überschaubar blieb angesichts einer Einwohnerzahl von 14.763 im Jahr 1930.651
Auf der Hütte arbeiteten zu diesem Zeitpunkt - 1929 wurden die höchsten Produk¬
tionszahlen im Beobachtungszeitraum erzielt - mehr als 3.000 Personen. Wenn man
bedenkt, dass die Partei auch Bergarbeiter und Handwerker in ihren Reihen zählte, so
dürfte die Zahl der in der APL organisierten Düdelinger Hüttenarbeiter verhältnismä¬
ßig gering gewesen sein. Es lässt sich festhalten, dass die Gewerkschaft vor Ort wesent¬
lich stärker blieb als die eng mit ihr verknüpfte Arbeiterpartei.
Dennoch verfügte die Düdelinger Parteigruppe über eine Jugendorganisation, die
eng mit der Gewerkschaft zusammen arbeitete, sowie seit Februar 1926 über einen Stu¬
dienzirkel zur Arbeiterbildung.652 Überdies zeigte die APL in Düdelingen durch ver¬
schiedene Kundgebungen Präsenz, so etwa im Zuge der großen Kampagne gegen einen
Gesetzentwurf der Regierungjoseph Bech im Jahre 1936/37. Das sogenannte,Maulkorb-
gesetz‘ sah ein strenges Vorgehen gegen (vermeintlich) verfassungsfeindliche Kräfte vor
und hatte besonders die Kommunisten im Visier. Es war gleichsam der Höhepunkt einer
ganzen Reihe von repressiven Maßnahmen gegen die KPL, die sich Anfang der Dreißi¬
gerjahre von ihrer tiefen Krise erholt und bei den Wahlen zur Abgeordnetenkammer
1931 immerhin 5,5 Prozent erzielt hatte. Bei den Teilwahlen drei Jahre späterwuchs man
64 Vgl. ebd., S. 271. Zitate ebd., S. 280 und 271.
648 Vgl. ebd., S. 280. Über die Beteiligung in den kommunalpolitischen Gremien kam es mitunter auch
zu Streit in den eigenen Reihen, der auch zu kleineren Sezessionen führte. Siehe ebd., S. 280 und 310.
649 Siehe ebd., S. 276.
650 Die Delegiertenzahlen siehe ebd., S. 284 f.
651 Zahl nach Les Archives de la division d’ARBED-Dudelange (1882-1940) o.J., S. XXI.
652 Siehe Fayot 1979, S. 331 und 333.
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