aus den Zwanzigerjahren sowie eine umtangreiche Korrespondenz zwischen der Leitung
des Hochofenbereichs und der zentralen Unternehmensdirektion.116
Die Neunkircher Stammlisten sind nicht überliefert." Dafür sind im Depositum der
Saarstahl AG (Dep. Saarstahl AG), das im Stadtarchiv Neunkirchen gelagert ist, mehrere
vergleichbare Dokumente aus einzelnen Teilbetrieben vorhanden, die ähnliche Informa¬
tionen bereit halten. Zu nennen sind vor allem eine Lohnliste aus dem Hochofenwerk
von 1913 sowie eine aus dem Stahlwerk aus dem Jahr 1916. Als sehr instruktiv erwies sich
die Auswertung eines Strafkatalogs aus dem Walzwerk aus den 192.0er Jahren, auf dessen
Basis sich ein profundes Bild der Fabrikdisziplin und der Disziplinprobleme im Neun¬
kircher Eisenwerk zeichnen lässt. Diese wertvollen Archivaba wurden bislang überhaupt
noch nicht zur Kenntnis genommen, sie sind nicht in Findbüchern oder sonstigen Hilfs¬
mitteln verzeichnet. Dies gilt nicht für die ebenfalls ausgewerteten Knappschaftsstatuten
des Neunkircher Eisenwerks, die von Karl Ferdinand Stumm regelmäßig in Umlauf ge¬
brachten Zirkulare und die Fabrikordnungen, die in der regionalhistorischen Literatur
schon hin und wieder, wenn auch nur sporadisch, Berücksichtigung fanden.* 118
Die vorliegende Studie beschreitet in der empirischen Rekonstruktion der Arbeits¬
situation, was die hier verhandelten Werke betrifft, größtenteils Neuland, konnte sich
aber, außer an den zitierten Studien etwa von Thomas Welskopp oder Ulrich Zum¬
dick, an zeitgenössischen industrie- und arbeitssoziologischen Untersuchungen orien¬
tieren. Nach der Jahrhundertwende, aber noch vor dem Ersten Weltkrieg legten frühe
Industriesoziologen wie Hans Ehrenberg und Otto Bosselmann, aber auch der freige¬
werkschaftliche Deutsche Metallarbeiterverband Untersuchungen vor, die sich an der
Schnittstelle zwischen wissenschaftlicher Aufarbeitung und zeitgenössischem Quellen¬
dokument bewegen. Diese Arbeiten waren für das Verständnis der Produktionsprozes¬
se in zeitgenössischen Hüttenwerken von überaus großem Wert."9 Um eine der oben
formulierten Zielsetzungen, die Hüttenarbeiterschaft als eigenständige soziale Gruppe
1,6 Über die Personalangelegenheiten im Hochofenbereich: AnLux, ADU-U1-74. Die Protokolle der
Arbeiterdelegation: AnLux, ADU-U1-94.
11 Dass sie aber geführt wurden, geht aus einem Querverweis in einer zeitgenössischen Knappschafts¬
ordnung hervor. Hierin ist von einer „Rolle der ständigen Mitglieder“ die Rede, es handelt sich also
wohl um ein Verzeichnis der länger im Betrieb beschäftigten ,Stammarbeiter“. Siehe Statut des Neun¬
kircher Knappschaftsvereins von 188$. In: StA Nk, Best. Kleine Schriften NE, Karton 1. Hier: S. 10 (Pa¬
ragraph 14).
118 Vgl. etwa die Beiträge in dem grundlegenden Sammelwerk Van Dülmen/Jacob (Hrsgg.) 1993. Zu
den Beständen im Depositum der Saarstahl AG allgemein vgl. Britz Z005, S. 717. Zum bibliographi¬
schen Nachweis der erwähnten Quellen sei auf das Quellenverzeichnis im Anhang verwiesen.
119 Bosselmann, Otto: Die Entlöhnungsmethoden in der südwestdeutsch-luxemburgischen Eisen¬
industrie, Berlin 1906; Ehrenberg, Hans: Die Eisenhüttentechnik und der deutsche Hüttenarbeiter,
Berlin 1906; Die Schwereisenindustrie im deutschen Zollgebiet; ihre Entwicklung und ihre Arbeiter.
Nach vorgenommenen Erhebungen im Jahre 1910 bearbeitet und herausgegeben vom Vorstand des
Deutschen Metallarbeiter-Verbandes, Stuttgart 191z. Die DMV-Studie nannte nicht nur
zahlreiche Beispiele aus Neunkirchen, sondern auch aus Düdelingen. Das luxemburgische Minette-
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