anderen durch spezifische Arten von Macht, Einflussmöglichkeiten und „Kapitalien“,
über welche die Einzelakteure verfügen. Jene Kapitalien sind ökonomischer, sozialer
und symbolischer Natur: ökonomisch durch objektiv messbare Merkmale wie Einkorn-
men und Vermögen; sozial durch die soziale Position der Akteure und ihre Verfügungs¬
macht über andere Akteure; symbolisch durch die Transformation objektiver Kapitali¬
en in Prestige, Renommee und Ansehen. Umgekehrt lässt sich symbolisches Kapital in
ökonomisches und soziales Kapital transferieren.82 Die Akteure nehmen im sozialen
Raum aufgrund ihrer Ausstattung mit Macht und Kapitalien eine bestimmte Position
oder Stellung ein. Die Positionen und Steilungen der einzelnen Akteure werden durch
die Gesamtmenge an Kapital und dessen Zusammensetzung definiert. Da „Ensembles
von Akteuren mit ähnlichen Stellungen“ im sozialen Raum sowie „ähnlichen Disposi¬
tionen und Interessen“ entstehen, lassen sich bis zu einem gewissen Grad Gruppenzu¬
sammenschlüsse prognostizieren, keineswegs aber determinieren.8 ’ Ebenso wirksam im
sozialen Raum sind „Spaltungen und Gegensätze“, weshalb „man nicht jeden mit jedem
zusammenbringen kann - unter Missachtung der grundlegenden, zumal ökonomischen
und kulturellen Unterschiede“.8' Der soziale Raum ist also gekennzeichnet durch „Dif¬
ferenzen, von differentiellen Abständen, die damit zu signifikanten Unterscheidungen,
Distinktionen werden“.8"’ Der soziale Raum zeichnet sich einerseits durch seine relative
Konstanz und Stabilität aus, da die Akteure die objektiven Strukturen und Kräftever¬
hältnisse dieses Raumes inkorporieren und dadurch reproduzieren. Andererseits aber ist
der soziale Raum keine monolithische oder starre Entität. Akteure können ihre Stel¬
lungen und Positionen im sozialen Raum ändern, sei es in Form eines Aufstiegs oder
in Form eines Abstiegs oder aber einer Degradierung. Aufstiege, Stellungswechsel nach
oben, sind möglich durch „Arbeit, Anstrengung und vor allem Zeit“.86
Der soziale Raum in seiner Gesamtheit gliedert sich in verschiedene Dimensio¬
nen, die zu einem gewissen Grad autonom und nach eigenen Regeln funktionieren,
zugleich aber in einem reziproken Wechselverhältnis stehen. Die einzelnen Dimensi¬
onen des sozialen Raumes werden als soziale Handlungsfelderbegriffen. Die indivi-
82 Vgl. ebd., S. iof. Zur Kapitaltheorie vgl. Bourdieu, Pierre: Ökonomisches Kapital, kulturelles
Kapital, soziales Kapital, in: Kreckel, Reinhard (Hrsg.): Soziale Ungleichheiten (Soziale Welt, Son-
derbd. z), Göttingen 1983, S. 183-198.
83 Vgl. Bourdieu 1985, S. iz. Zitate ebd.
84 Ebd., S. 18.
85 Ebd., S . zi. Hervorhebung durch den Autor.
86 Ebd., S. 13.
8 Thomas Welskopp erläutert seine theoretische und methodologische Konzeption in zahlreichen Bei¬
trägen. Vgl. u. a. WELSKOPP, Thomas: Ein modernes Klassenkonzept für die vergleichende Geschichte
industrialisierender und industrieller Gesellschaften. Kritische Skizzen und theoretische Überlegun¬
gen, in: Lauschke, Karl/WELSKOPP, Thomas (Hrsgg.): Mikropolitik im Unternehmen. Arbeits¬
beziehungen und Machtstrukturen in industriellen Großbetrieben des zo. Jahrhunderts (Bochumer
Schriften zur Unternehmens- und Industriegeschichte, Bd. 3), Essen 1994, S. 48-106, bes. S. 64-68;
Welskopp 1994, S. 4Z-49. Zur Bourdieuschen Feldertheorie im Überblick vgl. Schwingel, Mar-
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