aber auch aus der Pfalz und dem Hunsrück kommend.440 441 Jacob wird im Zweiten der bei'
den Aufsätze zur Stadtentwicklung konkreter und liefert deutlich mehr Anhaltspunkte.
Für das Jahr 1910 nimmt er sogar eine punktuelle Quantifizierung vor. Dabei stellt er
zunächst fest, dass in diesem Jahr immerhin 37,8 Prozent der Neunkircher Bevölkerung
nicht in der Stadt selbst geboren worden seien, ein für Industriestädte durchaus nicht un¬
üblicher Wert. Als stärkstes Herkunftsgebiet identifiziert er dabei die bayerische Rhein¬
pfalz mit fast 3.600 Zuwanderern, gefolgt von dem benachbarten Landkreis St. Wendel
mit 1.400 sowie den Kreisen Trier und Saarburg und dem Fürstentum Birkenfeld mit je
700 Nennungen.“141 Als wesentliche Quelle benennt Jacob die Chronik von Neunkirchen
aus dem Jahr 1911.442 443 Zutreffend fasst er zusammen: „Die Aufzählung der Herkunftsorte
macht überdies den Charakter der für Neunkirchen wirksamen Wanderungsbewegung
deutlich: Es handelt sich im überwiegenden Teil um Nahwanderung [...]!t443
Daran knüpft Jacob die These, dass die „endgültige Niederlassung als Endpunkt einer
Lebensphase zu sehen ist, die vorher vom Tages- oder Wochenpendlertum bestimmt
war“.444 Es scheint fraglich, ob sich tatsächlich die Wanderungsphänomene der Pendle¬
rei und der festen Ansiedlung einzelnen Lebensphasen zuordnen lassen. Vielmehr deu¬
tet einiges darauf hin, dass das Tages- oder Wochenpendlerwesen, sofern es die Entfer¬
nung und die verkehrsmäßige Anbindung zuließen, stets und in allen Lebensphasen von
Bedeutung blieb. So unterstreicht der Demographiehistoriker Klaus Fehn mit Blick auf
das Sozialprofil der Saararbeiterschaft: „Charakteristisch für das Arbeiterbauerntum des
19. und auch des 10. Jahrhunderts wurde die Pendelwanderung t<445 Ursächlich dafür
sei die weiterhin im Heimatort betriebene eigene Landwirtschaft, mithin die bleibende
agrarische Verwurzelung gewesen.4"*6 Die von Jacob aufgezählten Herkunftsgebiete ent¬
sprechen dem Konsens in der einschlägigen Forschungsliteratur, so nennt auch Hanns
Klein die „angrenzenden bäuerlichen Randgebiete [...] bis hin zum Hunsrück und zum
Westpfälzer Bergland“ explizit.44 Klaus Fehn analysierte die Neunkircher Armenakten
und kam ebenfalls zu dem Urteil, der Schwerpunkt des Herkunftsgebiets der nicht in
Neunkirchen geborenen Armen habe in der Westpfalz gelegen, eine „schwächere Häu¬
fung“ sei im südlichen Hunsrück festzustellen gewesen.448 Nur vereinzelt seien in den
Armenakten Orte in Elsass-Lothringen, im nördlichen Hunsrück, an der Mosel, in der
Ostpfalz oder in anderen Teilen Deutschlands benannt worden. Fehn weist zudem auf
440 Siehe Frühauf 2005, S. 105.
441 Jacob 1993, S. ns.
442 Ebd., S. 192.
443 Ebd., S. 125.
444 Ebd.
445 Fehn 1975, S. 197.
446 Vgl. ebd., S. 197 h
44 Klein, Hanns: Die Saarlande im Zeitalter Industrialisierung, in: Zeitschrift für die Geschichte der
Saargegend 29 (1981), S. 93-121, hier S. 109.
448 Fehn 1977, S. 434.
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