stammen würden.411 Wenn man davon ausgeht, dass unter „Bayern“ primär die baye¬
rischen Rheinkreise der mittleren Umgegend und unter „Preußen“ die Saarkreise der
Rheinprovinz verstanden werden, so zeichnet sich in dem Bericht immerhin schon das
Grundmuster der Zuwanderung nach Neunkirchen ab: Es handelte sich ganz überwie¬
gend um Binnen- und Nahmigration.
Rund viereinhalb Jahrzehnte später war die Zuwanderung erneut Thema in der
Neunkircher Presse, diesmal freilich unter ganz und gar veränderten geistig-politischen
Vorzeichen. Die Saarländische Tageszeitung, ein publizistisches Geschöpf der national¬
sozialistischen Kulturpolitik,412 veröffentlichte im Spätsommer 1941 eine Artikelreihe,
in der sie der Frage nach der Herkunft der Einwohner nachging.413 In den einzelnen Be¬
richten schlägt sich klar das völkisch motivierte Interesse an Bevölkerungspolitik nieder,
etwa wenn die Zuwanderung „junger Bauernsöhne“ besonders betont wird.414 * Immer¬
hin benennen diese ideologisch motivierten Texte aber konkret einige Herkunftsorte
und -gebiete der Zuwanderer. Da zudem auch die Berufs- und Tätigkeitsbezeichnungen
aufgeführt werden, lassen sich Rückschlüsse auf die Provenienz der Hüttenarbeiter zie¬
hen. Für die 1850er Jahre nennt der Artikel: einen Maschinenschlosser aus Lautzkirchen
im Bliesgau (1854), einen Schlosser aus Annweiler am Trifels, einen Puddler aus Weiers¬
bach bei Birkenfeld, einen Puddler aus Zell an der Mosel sowie einen Hüttenschmied
aus Schalding bei Passau.413 Letzterer stammte als einziger der genannten Personen nicht
aus der näheren oder mittleren Umgegend.
Auch die 1860er werden dokumentiert, in der Neunkirchen „einen gewaltigen Zu¬
zug erlebte“. Der „starke wirtschaftliche Auftrieb“ habe dafür gesorgt, dass sich „Berg¬
bau und Industrie [...] nach allen Seiten um Arbeitskräfte für ihre stetig wachsenden
Betriebe“ umsahen. Der Zuzug sei außerdem durch „die Fertigstellung der großen
durchgehenden Eisenbahnverbindungen“ begünstigt worden.416 Zunächst werden ge¬
411 Siehe ebd.
412 Die Saarländische Tageszeitung (STZ) entstand 1940 unter Zwangsfusionierung der ehemaligen
Saar- und Blieszeitung sowie der katholischen Neunkircher Zeitung. Außerdem wurden der STZ
mehrere lokale Blätter aus St. Wendel, St. Ingbert und Merzig angegliedert. Vgl. Stadtverwaltung
Neunkirchen (Hrsg.) 1955, S. 154.
11' Die Artikel im Einzelnen: Saarbrücker Tageszeitung, 20.8.1941, Titel des Beitrags: „Als noch Bür¬
ge re inzugsgeld bezahlt werden mußte - Neunkirchener Zuwanderungen in der 2. Hälfte des 19. Jahr¬
hunderts“: Saarbrücker Tageszeitung, 6.9.1941, Titel des Beitrags: „Als Neunkirchen sich reckte und
streckte. Die Zuwanderungen in der zweiten Hälfte des ^.Jahrhunderts!“ Außerdem eine Artikelreihe
zwischen dem 10. und 12.9.1941 unter der Überschrift „Wann zogen deine Vorfahren in die Huttenstadt
Neunkirchen? Familienkundliche Beiträge aus den Zuzugsakten des 19. Jahrhunderts : Saarbrücker Ta¬
geszeitung, 10.9.1941; Saarbrücker Tageszeitung, 11.9.1941; Saarbrücker Tageszeitung, 12.9.1941. Welche
„Zuzugsakten“ hier gemeint sind, ist nicht ganz klar, möglicherweise die Neunkircher Fremdenbücher,
die gleich noch vorgestellt und thematisiert werden.
414 Saarbrücker Tageszeitung, 6.9.1941.
4b Saarbrücker Tageszeitung, 20.8.1941.
1|(’ Saarbrücker Tageszeitung, 6.9.1941.
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