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Kap. II. § 29.
findung“ ein kategoriales Moment sich versteckte. Wir
erwarten die Lösung der Frage von einer neuen Drei-Phasen-
Ordnung, zu deren Auffindung wieder die drei Modalitäts¬
phasen uns zum Leitfaden dienen. Die Möglichkeitsphase
der Individuation erkennen wir in der Kantischen Qualität,
die Notwendigkeitsphase in der Quantität. Beide verhal¬
ten sich zueinander (auch nach Kants Darstellung, nicht
minder nach Aristoteles und Hegel) wie Intensität und Ex¬
tensität, wie Substanz und Ursächlichkeit. Um so sicherer
fordern sie das Dritte, der Wirklichkeit und der Wechsel¬
relation Entsprechende. Ich nenne es Position oder Lo¬
kation, Einstellung, Fügung. Sie bewirkt die Bestimmtheit
der Stellung, die eindeutige Gestelltheit in den Punkt des
Seins, die Punktualisierung desselben. Diese ist es, welche
zusammen mit der Qualität und Quantität, unter deren
Voraussetzung, die Individuation vollendet; kurz gesagt: die
Vereinzigung. Kants „Gegebenheit“ besagt etwas der
Art, und es fehlt bei ihm auch nicht an der Einsicht, daß
diese einen gebenden Akt des Verstandes fordert. Das muß
doch ein Akt von kategorialer Natur sein, der aber unter
seinen 12 Kategorien, wie auch sonst im ganzen System
seiner Grundbegriffe, seine deutliche Bezeichnung und
gebührende Stelle im System nicht gefunden hat. Nur ein
solcher kann die ganze Positivität des Wirklichen und kann
die ganze, konkrete Erfüllung der Wechselrelation erreichen,
nämlich durch die Koinzidenz von Einzigkeit und
Unendlichkeit. Es muß sein: Vereinzigung des Unend¬
lichen, Verunendlichung des Einzigen. Nicht Ruhe, welche
die Bewegung, noch Bewegung, welche die Ruhe ausschließt,
sondern Ruhe in der Bewegung, Bewegung in der Ruhe.
Kant hat das hier Geforderte einmal sehr glücklich getroffen.
Es ist in der Inauguraldissertation 1770 (De mundi sensibilis
usw.), wo er die Zeit als Aeternitas Phaenomenon (Ewigkeit
in der Erscheinung, das Ewige selbst als Erscheinendes,