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Kap. II. § 27.
an dem gerade wir keine Lebensfunktionen wie in der Tier-
und Pflanzenwelt nachzuweisen imstande sind ? Das erstere
würde besagen, daß solches überhaupt außer Zweckrelation
stände. Aber sollte die Zweckbeziehung in eine schlechthin
zweckfreie Naturdynamik erst hinteiher wie von außen ein-
treten und sie sich unterwerfen, so wäre das eine ohne Ver¬
gleich ernstere Durchreißung des Einheitszusammenhanges,
den man sich doch unter der ,,Natur“ denkt, als wenn, etwa
nach Leibniz, alles in ihr mechanisch und zweckbestimmt zur
gleich ist, mechanisch nur in den Einzelrelationen, zweck¬
bestimmt im Ganzen und aus dem Ganzen. So allein aber
entspricht es unserer Voraussetzung des kategorialen Ver¬
hältnisses der dritten Relationsphase zur ersten und zweiten.
Was gegen die Zweckerwägung als Methode der Naturwissen¬
schaft Verdacht erregte, war aber im Grunde nur die Vor¬
stellung starrer Wesenseinheiten und in diesen gegründeter,
ebenso starrer Wirkungsgesetzlichkeiten. Der Anstoß wird
hinfällig, sobald man sich vielmehr nur solche ,,geprägte For¬
men“ denkt, die ,,lebend sich entwickeln“; sobald man, ganz
nach Goethes durchaus Leibnizischer Denkweise, das Gesetz
der Natur, alles Gesetz aller Natur, nicht der „belebten“
allein, die doch, nach Spinozas Ausspruch, nicht einen Staat
im Staate bilden darf, selbst beweglich und individual denkt.
Denn der Grundsinn des Gesetzes ist keineswegs leere
Allgemeinheit, unterschiedslos gleiches Verhalten. Solches
kommt in der Natur gar nicht vor; es spielt nur eine Rolle
in den Rechnungen der Wissenschaft, denn diese braucht aller¬
dings unveränderlich gleiche Grundeinheiten, weil sie sonst
keine Gleichungen aufstellen könnte. Selbst das gilt nur, so¬
lange nicht die wissenschaftliche Rechnung selbst sich so frei
beweglich gestaltet, wie sie gestaltet sein muß, wenn sie der
ganzen, freien Beweglichkeit des wirklichen Geschehens nur
irgend soll folgen können, und wie sie auch ganz wohl sich
wird gestalten können auf Grund der tiefen Wandlung, welche