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Kap. II. § 22.
der Naturwissenschaft, auf gesucht, so hätte er sich ihm nicht
lange verbergen können. Aber gerade sie findet den Träger
der Bewegungsvorgänge nicht vor, sondern stellt ihn ihrer¬
seits auf; sie definiert ihn erst, und zwar rein auf Grund der
Gesetzlichkeit der Veränderungen, so wie sie diese zu erkennen
vermag: als dasjenige Identische, dessen gesetzliche Abwand¬
lungen diese darstellen; als die unter allen wechselnden zeit¬
räumlichen Beziehungen und Beziehungsänderungen identisch
bleibende Grundbeziehung. Diese ist ihr die Substanz der
Veränderungen selbst. Nach heutigen Begriffen ist es zu¬
oberst die „Energie“. Bewegungen definiert sie als Wan¬
derungen der Energie. Diese und nur diese überträgt sich,
nach gesetzlichen Maßgaben, von Stelle zu Stelle des Raumes
in der Zeit, und eines anderen Trägers der Bewegung, der zeit¬
räumlichen Veränderungen überhaupt, bedarf es nicht, noch
ist ein solcher aufzuweisen. In den Energie-Gleichungen,
welche die tatsächlich auf weisbaren Veränderungen aus-
drücken,behaupten sich, als das letzte identisch Bleibende,also
als die Substanz eben dieser Veränderungen, gewisse kon¬
stante Grundbeziehungen; diese sind es, die ihr (der Natur¬
wissenschaft) das Desiderat des „Unterliegenden“ erfüllen;
eine andere Erfüllung verlangt sie nicht.
Der letzte und entscheidende Grund des Verfehlens dieses
allein klaren und wissenschaftlich gegründeten Sinnes der
Substanzforderung aber war der Mangel des Verständnisses
dafür, daß die Substanz den Grund der Veränderlichkeit
selbst, und zwar in der ganzen Bestimmtheit ihrer Gesetz¬
lichkeit, in sich schließen muß. Bei Locke ist Eines das Ding
für sich, welches die Veränderung trägt, ein Zweites diese
selbst, die Veränderung; es trägt sie nur, statt sie zu tun, sie
aus sich selbst zu vollbringen. Aber wieso ist dann doch nicht
beides dasselbe ? Nun, der Grund, den die Substanz bedeutet,
ist nicht selbst das Gesetz, die gesetzmäßige Bestimmtheit
des Veränderungsverlaufes. Sondern dieser Grund meint nur