Praktik. 3. Philosophie der Erziehung. 511
daß es auch recht behütet und aufgezogen werde. Darum
muß der Rat immer neu hervorwachsen aus dem Ganzen des
Arbeitslebens der Gemeinschaft.
§ 205. Das heißt es uns, daß die Philosophen Könige,
die Könige Philosophen sein müßten. Die Folge daraus für die
Frage der politischen Verfassung, bei der wir noch standen
und die wir zu beantworten hatten, um den volleren Begriff
zu gewinnen von der Art und dem Sinn der Aufgabe, welche
die Erziehung als soziale im Ganzen des sozialen Lebens zu
erfüllen hat, — diese Folge ist: daß an allen drei Grundfunk¬
tionen des sozialen Lebens, der unmittelbaren Arbeit, der
rechtlich-politischen Arbeitsregelung und der geistigen Füh¬
rung, alle teilhaben müssen, ein jeder nach dem Maße der in
der Ausübung selbst sich beweisenden Fähigkeit. Das ist keine
unmögliche Forderung, wenn man sich denkt, es sei der ganze
Aufbau des sozialen Lebens auf diesen allein gesunden Grund
einmal gestellt, so daß wirklich in jedem die Fähigkeit und
der Wille zur Arbeit wie zur Arbeitsanordnung und geistigen
Führung zu der ihm erreichbaren Höhe in der ihm gemäßen
Richtung und Eigenart durch diese Gesamtgestaltung des
sozialen Lebens selbst entwickelt würde. Dann würden diese
drei Fähigkeiten, gerade in der stärksten, heilvollsten Diffe¬
renzierung, doch kaum dem Grade nach in sehr weiten Ab¬
ständen verschieden sein, außer, selbstverständlich, nach
den Altersstufen. Es wäre dann das von selbst Gegebene,
daß jeder diese drei Stufen der Reihe nach durchliefe: als
erst Heranreifender das unmittelbare Wirken, als voll Aus¬
gereifter das Mit-Anordnen und -Ausgestalten, als zur er¬
reichbaren Vollendung Gelangter das Führen und Raten.
Damit würde dann der Rat zum Ältestenrat, zum ,,Senat“.
So möchte man ihn um so lieber nennen, da wohl das einzige
geschichtliche Vorblid, auf das unsere Forderung sich berufen
kann, das des römischen Senates ist. Dieser hatte, wie man
weiß, weder gesetzgebende noch verwaltende, exekutive