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Kap. I. § 9.
und Tat im endlichem Bereich überhaupt. Der Widerspruch
ist eigentlich der Treiber der Entwickelung. Der Widerspruch,
das ist die „Not“, die ewig droht und „gewendet“ sein
will; der Zwang, der in der „Notwendigkeit“ liegt, ist der
der Überwindung, der Immer-wieder-Überwindung des aus
jeder Niederlage doch immer neu sich auf richtenden und zum
Kampfe stellenden ewigen Widersachers, des Widerspruchs.
Das ist jenes Nimmer-Enden des Immer-Endens: alles endet
eben im Widerspruch, durch den Widerspruch, aber erhebt sich
aus dem Immer-Enden auch immer wieder zum neuen An¬
fängen, Streit-Anfängen, weil beim Widerspruch stehen zu
bleiben nicht möglich ist, weil notwendig auch ihm selbst
widersprochen wird. Damit wird es unmöglich, überhaupt
auf irgendeinem Punkte zu verbleiben, denn der Widerspruch
erhebt sich überall, wo man nur standnehmen möchte; in
ihm aber kann man ebensowenig stehen bleiben, man muß
darüber hinaus. Der Gedanke, der Wille, die Tat, das Leben
überhaupt, sie mögen standzunehmen versuchen an welchem
Punkte sie nur wollen, stets werden sie von ihm durch diese
Gestalt, durch diese Not des Widerspruchs und durch den
Zwang dieser „Notwende“ wieder hinweggetrieben. Gerade
darin liegt diese zwingende Gewalt, daß auch er selbst, der
Widerspruch, nicht stehen bleiben kann, sondern verlangt
überwunden zu werden; aber tausendmal überwunden, ist
er immer wieder auf dem Plan, nur immer um eine Etappe
weiter zurück, und so, tausendmal Siegerin, siegt die Ver¬
nunft sich an ihm zu Tode, oder sie sieht sich durch ihn hin¬
ausgetrieben von Ziel zu Ziel in die ziellose Unendlichkeit;
bis sie sich zu dem Eingeständnis entschließt, daß der Feind
wohl von Stellung zu Stellung zu vertreiben, aber endgültig
zu besiegen, zu vernichten, nicht ist. Sie muß dann entweder
vom Kampfe schließlich ermüdet abstehen und an irgend¬
einer Grenze den Widerspruch ungelöst stehen lassen, oder
sie muß sich über den ganzen Bereich des endlosen Fort¬