Die Konstitution des Sinngehalts als praktischen. 203
praktische Gehalt den theoretischen und p oietischen unter
seinem eigentümlichen Gesichtspunkt nach seinem unter¬
scheidenden Sinne mitumfassen, aber umgekehrt auch wieder
auf ihn die eigentümlichen Gesichtspunkte der Theorie und
der Poiesis sich miterstrecken werden.
Bleiben wir zunächst bei dem Ersteren stehen, so ist
ersichtlich, daß das theoretische und poietische Gestalten
selbst ein Handeln, und für das sich Gestaltende in dem
Sinne bestimmend sein muß, wie überhaupt die Handlung be¬
stimmend ist für das, was sie erwirkt, nämlich bestimmend
dafür, daß es wirklich (im Sinne endlicher Wirklichkeit),
daß es zur Wirklichkeit wird; daß es sich zum Wirklichsein
realisiert. Gewiß kann kein Handeln, kein Willensaufgebot
irgend etwas vom unterschiedlichen Seins- und Geltungs¬
sinn des Theoretischen oder des Poietischen erbringen oder
erzwingen. Nichts ist theoretisch oder poietisch zulänglich
zufolge eines Wollens oder Handelns; sondern dieses wie
jenes untersteht durchaus der unterschiedlichen eigenen
Gesetzlichkeit der Theorie und beziehungsweise der Poiesis.
Wohl aber ist die Erarbeitung des theoretischen und poie¬
tischen Gehalts, seine Realisierung als eines solchen selbst
Handlung, also Willenssache und ohne zulängliche Energie
des Wollens nicht zu erreichen. Es gibt Willen zu theoreti¬
scher Wahrheit, Willen zu poietischer Gestaltung, und nicht
nur Einsicht der ersteren, Eingebung der letzteren. Dieses
beides ist freilich nicht nur unerläßlich, sondern für jedes
von beiden die letztentscheidende Instanz, es ist durch keinen
noch so energischen Willensaufwand zu ersetzen oder zu
erzwingen. Aber sich die Haltung zu geben, daß man der
Einsicht, oder der poietischen Eingebung, empfänglich ist,
sie ungetrübt aufnehmen und unverfälscht wiedergeben, im
Werk darstellen kann, das ist gar sehr auch von der Energie
des Willens, vom Charakter abhängig. Sonst wäre von keinem
Werke der Wissenschaft oder der Kunst zu reden, und ver¬