Full text: Ethik

Kriegsgefangene zur Belustigung zu martern oder Men¬ 
schenopfer darzubringen oder aus religiösem Eifer vor 
ihrem Gotte sich selbst zu quälen, auszumergeln oder zu 
zerfleischen oder irgend welche Barbareien und Brutali¬ 
täten als liebenswürdig und geziemend zu begehen; mag 
alledem die Sitte Beifall oder die Religion Heiligung ver¬ 
leihen: es ist nicht und kann niemals Tugend sein, auf 
keine Weise, in keinem Sinne, sondern es muß immer 
abscheuliche Verderbtheit bleiben, Mode, Gesetz, Sitte 
und Religion zum Trotze, die selbst böse und schlecht 
sein mögen, die aber niemals die ewigen Maßstäbe ändern 
können, niemals die unwandelbare, unabhängige Natur 
von Wert und Tugend. 
s. 113—115 Nach dem allgemein angenommenen Sinne der Worte 
Laster und Schlechtigkeit kann niemand lasterhaft oder 
schlecht sein, als entweder 
1) infolge von Mangelhaftigkeit oder Schwäche der 
natürlichen Affekte; oder 
2) infolge der Heftigkeit der selbstischen; oder 
3) infolge solcher Affekte, die völlig unnatürlich sind. 
Wenn jeder von diesen einem Geschöpf gefährlich und 
verderblich ist, so folgt, insofern der Zustand vollkom¬ 
mensten Elends von ihnen abhängt: böse und lasterhaft 
sein, heißt elend und unglücklich sein. 
Und da jede lasterhafte Handlung im Verhältnis mehr 
oder weniger unglückliche und üble Folgen für den Be¬ 
treffenden hat, so folgt, daß jede lasterhafte Handlung 
für den Betreffenden selber schädlich und vom Übel ist. 
Andererseits ist das Glück und der Nutzen der Tugend 
aus der entgegengesetzten Wirkung anderer Affekte be¬ 
wiesen worden, derjenigen, welche der Natur und der 
Ökonomie der Gattung oder Art gemäß sind. Wir haben 
alle die Einzelheiten aufgezählt, durchweiche (vermittelst 
Addition und Subtraktion) bei allgemeiner Berechnung 
des Glückes das Endresultat größer oder kleiner wird. 
Und wenn kein Glied aus diesem unserem System der 
ethischen Arithmetik weggelassen werden kann, so kann 
man sagen, daß der behandelte Gegenstand ebenso große 
Evidenz besitzt wie die Zahlenrechnungen der Mathe¬ 
matik. Denn treiben wir den Skeptizismus noch so weit, 
zweifeln wir, wenn wir können, an allem um uns her: 
an dem, was in uns selber vorgeht, können wir nicht 
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